Sehenswertes in Willsbach

„Willsmühle“ Willsbach – eine von 23 Mühlen des Sulmtals

Mühlstraße 14, 74182 Obersulm-Willsbach

„Müllerleben hat Gott gegeben, aber das Mahlen bei Nacht hat der Teufel erdacht.“ Dieser Spruch hing in der Willsbacher Mahlstube. Im Halbschlaf hörte es der Müller nachts sofort, wenn die Glocke am Rüttelstuhl des Mahlgangs schellte und er den leeren Trichter nachfüllen musste.
Die im Volksmund als „Willsmühle“ bezeichnete Mühle ist eine von 23 Mühlen entlang der „Sulm“ – ausgehend von Löwenstein (Obermühle) bis nach Neckarsulm (Rösersmühle).
Das Willspacher Güterbuch beschreibt 1747 beim Müller Gall drei Wasserräder für einen Gerb- und drei Mahlgänge – „und hat die Wasserstube überbaut“. Seit dem Mittelalter wurde sie zunächst als reine „Mahlmühle“ betrieben. Die Jahreszahl 1598 am Eingang der ehemaligen Mahlstube zeugt vom Alter der Mühle. Mit Übertragung der Konzession der stillgelegten Bretzfelder Ölmühle erfolgte ab 1919 unter Eugen Maier die zusätzliche Nutzung als „Willsbacher Ölmühle“ (s. u. "Geschichtliches zur Willsbacher Mühle"). Die Bedingung für den Betrieb als Ölmühle lautete: „daß der Betrieb ohne Kohle oder mit Kohle erzeugter Elektrizität laufe“.
Nach der letzten „Bachputzete“ 1953 (s.u. „Geschichtliches zur Willsbacher Mühle“) wurde die „Ölmühle“ in den fünfziger Jahren samt der mittlerweile nebenan betriebenen Nudelfabrikation stillgelegt.1972 folgte die Stilllegung der Turbinen und die Aufgabe der Wasserrechte.
Das Areal und die Gebäude der Willsbacher Mühle werden heute für private Wohnzwecke, Handelsgewerbe und Lagerräumlichkeiten genutzt.

Orte mit ihren Häusern, die Felder und die Mühlen hatten im Mittelalter die Besitzer durch Schenkungen und Tausch häufig gewechselt. So blieben auch die Müller Pächter. Sie betrieben die Mühlen nur als Lehen der jeweiligen Herrschaft. Unabhängig von der Ortschaft wurden die Mühlen wie Immobilien gehandelt. Das Betreiben einer Mühle war häufig mit vielen Streitigkeiten verbunden. Wasserrechte, Abgaben oder das Verbot von Viehhaltung für den Müller, aber auch rechtliche Bestimmungen, wie z.B. die Pflicht die Frucht selbst abzuholen etc., machten das Leben der Müller nicht einfach.

Im Mittelalter wurde hauptsächlich Roggen als Getreide angebaut. Als nach dem Dreißigjährigen Krieg das Bier zunehmend an Beliebtheit gewann, erfuhr die Gerste einen Anbauschub. Hafer diente vornehmlich als Pferdefutter. Zur Zeit des Mühlenverkaufs war Dinkel (Schwabenkorn) die meist angebaute Getreideart, bis sie dann Ende des 19. bzw. Anfang des 20. Jahrhunderts weitgehend vom Weizenanbau verdrängt wurde.


Mühlen im Weinsberger Tal

Im Verlauf der Sulm, deren Quelle unterhalb des Bleichsee in Löwenstein liegt, gab es insgesamt 23 Mühlen. Weit überwiegend waren es Mahlmühlen. Doch auch Sägemühlen, Lohmühlen, Gipsmühlen und Hanfreiben sind darunter zu finden, wobei die beiden letzteren Mühlenarten meist mit einer Mahlmühle verbunden waren. Im Bereich des heutigen Gemeindegebiets von Obersulm befanden sich acht Mühlen, darunter zwei in Affaltrach. Die Eschenauer alte Mühle an der Wette, die 1272 erstmals erwähnt und bis 1804 betrieben wurde, dürfte die älteste sein. Besitzer waren zumeist Adelsgeschlechter, sonstige Obrigkeiten oder auch Klöster. Seit dem 12. Jahrhundert wurde das Mühlenrecht auch an Bürger gegen einen Mühlenzins verliehen. Erst mit Einführung der Gewerbefreiheit im 19. Jahrhundert wurden die Verpflichtungen gegenüber den Grundherren aufgehoben und die Müller in den Handwerkerstand aufgenommen.

Die überwiegende Nutzungsform waren Mahlmühlen, einige davon wurden auch als Sägemühlen betrieben. Die Willsbacher Mühle wurde auch als Ölmühle genutzt, die Sülzbacher Mühle zusätzlich als Hanfreibe. Eine Besonderheit war die Schleifmühle in Weinsberg und die Lohmühle in Affaltrach, die später auch als Gipsmühle betrieben wurde. Die Wasserkraft der Sulm wurde aber auch als Pumpwerk benutzt (Pumpwerk Hörcher in Weinsberg).

Ursprünglich erledigte der Müller auch die erforderlichen handwerklichen Tätigkeiten, welche mit dem Betrieb der Mühle verbunden waren. Aufgrund der Komplexität neuer Technik, bis hin zur Vollautomatisierung in den 1950er-Jahren, übernahmen später Mühlenbauer diese Aufgaben. So gab es auch in Willsbach eine Maschinen- und Mühlenbauanstalt, deren Besitzer Wilhelm Müller war und die später von Hans Falk übernommen wurde.

Die Nutzung der Wasserkraft

Bis ins 20. Jahrhundert, als zunehmend Motoren als Antrieb für die Mahlwerke verwendet werden konnten, waren über die Jahrhunderte die Mühlen in unserer Gegend auf die Wasserkraft angewiesen (Norddeutschland auch Windmühlen). So auch im Sulmtal, wo entlang der Sulm und ihren Nebenbächen die alten Mühlen entstanden. Von der ersten Mühle, der ehemaligen Obermühle in Löwenstein, bis zur letzten, der Rösersmühle bei Neckarsulm, beträgt auf diesen rund 20 Kilometer der Höhenunterschied nur 140 m. So ist es nachvollziehbar, dass die Müller sich öfters jeden Zentimeter an Wasserhöhe "erkämpfen" mussten. Deshalb wurden schon im Mittelalter Vorschriften über die Wassernutzung erlassen. Diese Nutzungsrechte wurden im Zusammenhang mit der Gewerbeordnung von 1869 durch das königliche Oberamt Weinsberg neu erfasst, beschrieben und nummeriert. Allerdings waren mit den Rechten zur Wassernutzung auch Pflichten und Auflagen verbunden. Neue Mühlen durften nur gebaut werden, wenn die vorhandenen Mühlen nicht durch die Wassernutzung geschädigt wurden.

Unter Einbeziehung des Hambaches (aus Aubach und Hößlin), verlief ein über 1,8 km langer, von der Sulm abgezweigter, Mühlkanal über das Wiesental zur Willsbacher Mühle. Das Wehr lag in Affaltrach an der heutigen Abzweigung der Weiler Straße von der Willsbacher Straße.Der als Sulmbach oder 1949 „Flußgraben“ erwähnte Mühlbach verlief nach dem Wehr zwischen den Fluren. Zwischen den Bächen und den Brühlwiesen entlang des Mühlrains bis zur Hambachbrücke (dem ehemaligen Hambachwehr an der Robert-Bosch-Straße in Willsbach), wo beide Bäche zusammenflossen. Dieses Wehr hieß im Volksmund auch „großes Wehrle“ oder „Bubenwehrle“, weil es dort zum Baden (um 1925) etwas tiefer war. Weiter unten befand sich das „Mädleswehrle“ an den Kraut- und Linsengärten, deren Büsche zum Umkleiden dienten. Gebadet wurde dann in Unterhosen.

Geschichtliches zur Willsbacher Mühle

Willsbacher Mühle als Getreide-Mahlmühle

Bereits 1747 müssen sich die Besitzrechter offensichtlich in den Händen des Müllers Johann Wolfgang Gall befunden haben. Im Willspacher Güterbuch von damals ist dieser verzeichnet mit dem Eintrag „und hat die Wasserstube überbaut“. Die überdachte Wasserstube beherbergte im Laufe der Jahrhunderte viele unterschiedliche Triebwerkarten. Die ersten bekannten befanden sich unter dem ehemaligen „Haus Blintzinger“; dort waren im Kellerraum noch 1960 alte Wasserradfundamente und am dortigen Eingang die Jahreszahl 1598 zu erkennen. An der Rundbogentür dieses Wohnhauses die Jahreszahl 1608. Jedes Wasserrad wurde vom Hauptkanal aus separat versorgt, so dass bei Niedrigwasser in der Regel mindestens noch ein Mahlgangbetrieb lief.

1881 erfolgte die Abdeckung des Unterwassers durch einen 52 m langen Gewölbekanal. Danach floss dieses Wasser noch 62 m offen zum alten Sulmbachbett. Der Gewölbekanal wurde seinerzeit nach Vergabebescheinigung des Oberamtes Weinsberg 1878 durch Maurermeister Ganzenmüller aus Willsbach erstellt. Gleichzeitig wurden auch die Wasserräder umgebaut. Die gesamte Wasserkraft betrug bei 4,5 m Gefälle und einem Fließvolumen von 180 Liter pro Sekunde etwa 12 PS.

Die anliefernden Fuhrknechte kamen von nah und fern und warteten mitunter ein bis zwei Tage, bis die Fuhren gemahlen waren. Sie übernachteten in der Mehlstube und brachten ihre Pferde im Einstellstall der Mühle unter. Darüber hinaus ließ sich der jeweilige Fuhrknecht natürlich auch die „Viertele“ beim „Hasenbeck“ schmecken. Einer der größten Kunden ab 1867 war seinerzeit Schloßherr Dietzsch von Lehrensteinsfeld. Er lieferte in der Regel 60 bis 70 Zentner Weizen auf einmal. Für ihn wurde ein separates Mahlbuch geführt, weil er sein Mehl in „Partien“ abholte. Immerhin hatte er ein „Hofgesinde“ von rund 40 Menschen zu versorgen.

Während des Krieges 1939-1945 wurde die Kundschaft den Mühlen zugeteilt. Festpreise wurden vorgeschrieben. Unmittelbar nach Ende des Krieges kam auch kontigentierter Weizen aus Kanada über Bremen in Waggons am Willsbacher Güterbahnhof an. Auch wenn dieser dann nass und verstockt war – es half nichts – gemahlen wurde alles. Der Fuhrknecht hatte keine Pferde mit Glockengeläute mehr. Er war in den fünfziger Jahren zum Fahrer mit Traktor und Pritschenwagen geworden.

Später erforderte die Anlieferung von Mähdrusch eine automatische Waage und eine direkte Einlagerung im Silo. Das Mehl wurde fortan in Papiersäcke abgepackt oder den Bäckern mit Silofahrzeugen direkt in deren Bäckersilo geblasen.

Nachdem die Instandhaltungskosten für die Wasserkraft mittlerweile fast so hoch waren wie die ersparten Stromkosten, erfolgte 1972 die Stilllegung der Turbinen und die Aufgabe der Wasserrechte.

Willsbacher Mühle zusätzlich als Ölmühle

Mit der Inbetriebnahme zusätzlich als Ölmühle 1919 ging die seinerzeit in Deutschland gehegte Hoffnung der Übergangswirtschaft jedoch nicht in Erfüllung. So lautete eine Mitteilung im Staatsanzeiger von Württemberg vom 14. Dezember 1917 und 19. Dezember 1919: „dass die durch den Krieg bedingte Abschneidung Deutschlands von der ausländischen Einfuhr von Ölsaaten nun ermögliche, den Verkehr mit im Inland erzeugten Ölsaaten nun freizugeben. Das ist aber infolge des ungünstigen Wertverhältnisses zwischen der deutschen und den ausländischen Währungen in weite Ferne gerückt.“  Die Inflation kam.

Im Ersten wie auch während des Zweiten Weltkrieges bestand Ablieferungsplicht an die Ölmühle. Nur mit Erlaubnisschein des Rathauses durfte seinerzeit ein landwirtschaftlicher Haushalt das Öl aus 30 kg Ölsaat behalten. Infolge dessen wurde der zumeist ergiebigere Mohn angebaut. Hierbei entstanden große Mohnfelder im Sulmtal – die sog. „Klepperle“.

Außer Mohn wurden sämtliche Sämereien gepresst, die Öl hergaben: Raps, Rübsamen, Hederich, Lein, Hanf, Sonnenblumen, Walnüsse und Bucheckern. Die Ölmühle arbeitete rund um die Uhr. Der Kollergang der Mühle zerquetschte mit seinen beiden schweren Steinen mit jeweils 1,2 m Durchmesser die Ölsaat, welche dann über einen Vorwärmer in den beiden 160-Tonnen Ölpressen ausgepresst wurde.

Nach der Währungsreform wurde die „Ölmühle“ nach der letzten „Bachputzete“ 1953 samt der mittlerweile nebenan betriebenen Nudelfabrikation stillgelegt.

Der Kollergang der Ölmühle Willsbach ist heute im Museum Hammerschmiede Satteldorf-Gröningen bei Crailsheim ausgestellt.

Bachputzete

Bei den Grundherren des Mittelalters waren Hochwasserschäden belanglos, weil die angrenzenden Mühlwiesen in ihrem Besitz waren und der Kanal durch Frondienste freigehalten wurde. Dies änderte sich mit der Neuordnung der Eigentumsrechte im 19. Jahrhundert. Das Wasserrecht der Müller war fortan verbunden mit der Pflicht zur Instandhaltung der Kanäle, Brücken und Stege. Durch zu nahe an den Bach gepflanzte Weiden verwurzelte dieser und wurde bei geringstem Hochwasser überflutet. Da die Bäche früher auch zur Müll- und Gartenabfall-Abfuhr dienten, kam der Müller mit dem „Bachputzen“ nicht mehr nach. Die Wasserräder schöpften zwar den im Wasser fließenden Abfall über sich hinweg. Allerdings wurden die im Laufe der Zeit eingebauten engmaschigen Rechen am Turbineneinlauf zur Müll-Sammelstelle. Deshalb war etwa alle drei Jahre zwischen Ernte und Weinherbst bei der Willsbacher Mühle „Bach-Hauptputzete“. Die letzte fand 1953 mit 15 beherzten und engagierten Bauern statt. Dabei wurden rund 40 Forellen gefangen, welche anschließend als Festmahl vom Nachbarn Ernst Vollert in der Mühle gebraten und mit dem Kartoffelsalat der Müllerin Gretel Maier verspeist wurden.

Später erfolgte die Säuberung des Kanals mit Einsatz eines Baggers. Allerdings gab es nun Klagen bezüglich Flurschäden durch den Bagger.


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