Rundgang Willsbach
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Marktplatz 2, Obersulm-Willsbach
Zur Erweiterung der Gemeindeverwaltung erwarb Willsbach 1823 die alte Willsbacher Gemeindekelter, in welcher, zusätzlich zum Kelterbetrieb, die Gemeindeverwaltung untergebracht wurde. Auf Grund zunehmender Baufälligkeit wurde dieses Gebäude 1844 vollständig abgebrochen und an selber Stelle mit dem Bau des neuen Rathauses, inklusive einer Kelter und einem „Ortsgefängnis“, unter Leitung eines Architekten Glanz aus Ebingen begonnen. Mit einem Bauaufwand von 12.314 Gulden wurde das Gebäude im Januar 1846 fertiggestellt. Die Kelter im Rathausgebäude wurde nach Inbetriebnahme der neuen Kelter der WG Willsbach 1950 aufgelöst.
Auf mehrfache Eingaben der Gemeinde Willsbach an das Ministerium des Innern erhielt das Dorf am 13. Juli 1864 das Recht, jährlich fünf Märkte abzuhalten und rückte damit in die Reihe der „Marktflecken“ ein. Ein Relikt aus der damaligen Markttätigkeit sind die heute noch an der Südseite des Gebäudes (Marktstraße) angebrachten sieben Eisenringe. Sie dienten zum Anbinden der Lasttiere der Marktbetreiber oder auch der Ochsen beim Ochsenhandel.
Nach dem Zusammenschluss unserer Teilgemeinden zur Gemeinde Obersulm zum 01. Mai 1972 (ab 1975 mit Sülzbach) wurde in der geometrischen Mitte des Gemeindegebiets das neue Verwaltungszentrum mit Sitz der Gemeindeverwaltung gebaut. Der bisherige Bürgermeister Hans Müller (21. März 1954 bis 30.04.1972) überließ seine Dienstgeschäfte dem ersten Obersulmer Bürgermeister Horst Finkbeiner (zuvor Bürgermeister der Gemeinde Eschenau).
Die lokalen Ortsverwaltungen besitzen noch eigene Räume in deren ursprünglichen Rathausgebäuden. Mittlerweile nutzen die Ortsverwaltungen allerdings Räumlichkeiten im neuen Obersulmer Verwaltungszentrum. Die Räume der Willsbacher Ortsverwaltung im "Alten Rathaus" werden derzeit auch für die Durchführung von „Hebammen-Sprechstunden“ der BürgerStiftung Obersulm, die übrigen Räume des „Alten Rathauses“ privatwirtschaftlich (u. a. eine Arztpraxis) genutzt.
In einer Oberamtsbeschreibung des Oberamtes Weinsberg aus dem Jahre 1861 heißt es: „…Auf einem freien Platz in der Mitte des Dorfes, …., steht das im Jahr 1845 neugebaute, 97 Fuß lange und 45 Fuß breite, in städtischem Stil aufgeführte große Rathaus, mit Kelter von 4 Bäumen und Ortsgefängniß im unteren steinernen Stocke, und mit großem Rathaussaale, Arbeits- und Registraturzimmern im obern Stock. Die Baulast und Unterhaltung ist Sache der Gemeinde.“
Exkurs: Die im Text erwähnten „4 Bäume“ bezeichnen sogenannte „Kelterbäume“. Ein "Kelterbaum" war früher ein wichtiger Bestandteil der Weinkelter, insbesondere in traditionellen Weinanbau-Regionen. Ein Kelterbaum war in der Regel ein großer, stabiler Baum, oft eine Linde oder Eiche, der dazu verwendet wurde, Trauben zu pressen und den Saft zu gewinnen, der dann zur Weinherstellung verwendet wurde. Die Trauben wurden auf dem Boden oder auf einer Plattform in der Nähe des Baumes ausgebreitet. Dann wurden sie von Menschen oder Tieren, wie Eseln oder Pferden, auf einer hölzernen oder steinernen Vorrichtung, die als Kelter oder Keltermühle bezeichnet wurde, zermahlen. Der Saft floss dann aus dieser Vorrichtung in einen darunter platzierten Behälter, oft ein großes Holzfass oder einen Steintrog. Der Kelterbaum diente als stabile Stütze für die Vorrichtung und erleichterte so den Pressvorgang. Der Einsatz von Kelterbäumen war weit verbreitet, bevor moderne Weinpressen und -techniken entwickelt wurden.
Die Wohnung des damaligen „Stabsschultheiss“ befand sich im benachbarten Gebäude „Spatzenhof“, dem Wohnhaus des Karl und August Hohl.
Schon seit dem Mittelalter wurde das Gemeindeoberhaupt als „Schultheiss“ bezeichnet. Die Bezeichnung stammt wohl aus dem Umstand, dass das Gemeindeoberhaupt als Unterbeamter des Kastvogts für die Beitreibung des „Zehnten“ in seiner Gemeinde zu sorgen hatte. Die Bezeichnung sollte eher „Schuldheiss“ (abgeleitet von „Schuld heischen“) lauten. Bereits im 13. Jahrhundert wurden solche Schultheisse als Ortshäuptlinge genannt.
Die damaligen „Polizeidiener“ sahen in den Gemeinden nach dem Rechten. Bei schwierigeren Fällen wurde der „Landjäger“ herangezogen, der für mehrere Orte zuständig war. Wer sich daneben benahm, wurde verwarnt oder kam gleich in den „Ortsarrest“. In Willsbach befand sich dieser im steinernen unteren Stockwerk des Rathauses.
Schultheisse, Ortsvorsteher und Bürgermeister Willsbachs ab dem 19. Jahrhundert: