Sehenswertes in Weiler

Alte Kelter

Kellerstraße 3, Obersulm-Weiler

Die im Jahre 1557 erbaute Kelter gehörte zum Schloss der Herren von Weiler, das im gleichen Zeitraum erbaut und 1558 fertiggestellt wurde. Bauherr war Wolf von Weiler (1508 – 1583). Die Bauern des Ortes waren einst verpflichtet, die gesamten Erträge aus ihren Weinbergen hier zu keltern (Kelterbann). Von der Ortsherrschaft abgestellte Keltermänner sorgten dafür, dass der Weinzehnt direkt an diese abgeführt wurde. 1853 erwarb die Gemeinde Weiler zwei Drittel der Kelter. Ein Drittel blieb bis 1931 im Besitz der Herren von Weiler. Die Weingärtner konnten den Gemeindeteil der Kelter gegen eine Pachtgebühr nutzen. Der Kreis der Abnehmer wurde größer. Er reichte bis nach Schwäbisch Hall, Stuttgart, Calw und Ulm. 1952 gegründeten die ortsansässigen Weingärtner eine Winzergenossenschaft (WG). Winzer, die sich nicht der WG angeschlossen hatten, durften weiterhin in der Kelter pressen und ihre Bütten aufstellen. Ab 1954 wurde der hier zwischengelagerte Wein an die Württembergische Weingärtner-Zentralgenossenschaft (WZG) in Möglingen abgeliefert. Die letzte Traubenannahme erfolgte im Herbst 2013. Danach nutzten Bauhof und DRK das Gebäude als Unterstellplatz. Schließlich wurde es den örtlichen Vereinen als Sitzungs- und Veranstaltungsraum zur Verfügung gestellt.

Das Keltergebäude: Ausstattung und Baumaßnahmen - ein Spiegel der Zeit

Ein Sandstein an der südöstlichen Ecke des Gebäudes datiert den Bau auf das Jahr 1557 und eine Renovierung des Gebäudes auf das Jahr 1835.

1837 standen in der Kelter vier Baum- und zwei große englische Pressen.

Die Aufteilung der Kelter zwischen Ortsherrschaft und Gemeinde (1853) hatte bauliche Maßnahmen zur Folge: Freiherr von Weiler erhielt einen eigenen Zugang an der Ostseite des Gebäudes. Dieser ist von außen heute noch deutlich als Rundbogen zu erkennen. Im Innenraum trennte ein hoher Lattenzaun die beiden Kelterbereiche. Der Ortsbeschreibung von 1861 ist zu entnehmen, dass die Kelter zwei Kelterstübchen besaß.

1874 weisen die Bauunterlagen einen 7m langes und 3m breiten Kelterstubenanbau an der Nordseite (als Eigentum der Gemeinde) und ein Feuerspritzenhäuschen (als Eigentum des Freiherrn von Weiler) auf.

1902 befanden sich eine größere und eine kleinere englische Presse sowie eine Mostpresse im Besitz der Ortsherrschaft. Der Gemeinde gehörten vier große Baumpressen aus Eichenholz und eine kleinere Presse.

An der Ostseite der Kelter ließ die Gemeinde einen Geräteschuppen aus Holz anbauen, westlich entstanden Anbauten der Ortsherrschaft, unter anderem ein Schafstall, der später ebenfalls als Lager für Gerätschaften diente.

1932 ersetzte eine Wasserdruckpresse die Baumpressen.

In den 1950er Jahren machte der Anbau an der Ostseite einem steinernen „Milchhäuschen“ Platz. Träger der Maßnahme war eine Milchgenossenschaft. Mit dieser Einrichtung war für die Weilermer Bewohner eine Milchannahmestelle und eine Kühlanlage geschaffen. Jeder Bewohner konnte sich hier ein eigenes Kühlfach mieten, eine willkommene Einrichtung zu Zeiten, in denen es noch keine Tiefkühltruhen im eigenen Haushalt gab. Mitglieder der Genossenschaft konnten Milch und Milchprodukte erwerben. Das Milchhäuschen hatte knapp 20 Jahre Bestand. Private Kühltruhen, die immer mehr auf den Markt kamen, machten die Kühlfächer langsam überflüssig. Zudem standen aufwendigere Reparaturen an. Die Anlage erwies sich als unrentabel und wurde aufgelöst, das Milchhäuschen zu anderweitiger Nutzung freigegeben. Freiwillige Feuerwehr und das Deutsche Rote Kreuz übernahmen die Räumlichkeiten. Der ursprüngliche Anbau an der Ostseite ist noch gut zu erkennen.

Ebenfalls in den 1950er Jahren wurde eine umfangreiche Dachsanierung notwendig. Auch Reparaturen an Vorderfront (Nordseite) standen an. Diese hatte unter der Last des alten Dachs gelitten und musste durch Stützelemente gesichert werden. In diesem Zusammenhang wurde die Kelterstube abgerissen und in den Innenraum links neben den Eingang verlegt.

In den Jahrzehnten, in denen die Winzergenossenschaft die Kelter betrieb (von 1952 – 2013), sorgten einige Neuanschaffungen für Erleichterung in den Arbeitsabläufen: Eine Sauganlage beschleunigte die Traubenannahme, eine Abbeermaschine das Entkämmen der Trauben (Entfernen der Stiele von den Trauben) und ein Kran das Entladen der Butten (siehe Kapitel „Ein ehemaliger Vorstandsvorsitzender…“).

Nachdem der Innenraum den örtlichen Vereinen zur Verfügung gestellt worden war, wurde dort eine Bühnenfläche an der Ostseite eingebaut.

An der Westseite ist noch eine Kohlezeichnung mit Motiven aus vergangenen Weinlesetagen zu erkennen, die der Heidelberger Künstler Carl-Alois Sambale 1967 angefertigt hatte. Sie befindet sich an der Stelle, an der ursprünglich der separate Zugang des Freiherrn von Weiler war.

Ein Blick auf die ehemalige Umgebung

Gegenüber der Kelter befanden sich bis Ende der 1970er Jahre eine Dreschhalle und ein Lagerhaus, beides ebenfalls im Besitz der Gemeinde. Unter dem Dach der Dreschhalle – sie war zu den Seiten hin offen – stand eine gemeindeeigene Dreschmaschine. Ortsansässige Landwirte konnten hier ihr Getreide, vornehmlich Weizen, dreschen lassen. Die Getreidekörner brachte man zur Unger'schen Mühle am Ort oder zur Heuser Mühle nach Affaltrach. Dort wurde es zu Mehl, Gries oder Schrot verarbeitet. Letzteres diente als Schweinefutter.

Im Lagerhaus wurden die für die Landwirtschaft und Weinbau notwendigen Dinge wie Saatgut, Saatkartoffeln, Dünger, Spritzmittel usw. gelagert. Auch Filderkraut und Kohlen fanden dort mal ihren Platz. Am Lagerhaus bestand für Landwirte die Möglichkeit, Saatgut zu beizen und es damit vor Schädlingen zu schützen.

Zum Gemeindebesitz gehörten auch Gerätschaften wie Sämaschinen und Walzen, die hier von den Landwirten geholt und bei der Feldarbeit eingesetzt werden konnten.  

Ein ehemaliger Vorstandsvorsitzender erzählt

Fritz Rupp war von 1965 bis 2001 Vorstandsvorsitzender der Winzergenossenschaft Weiler. Im November 2023 erzählte der 92-Jährige von den Arbeitsvorgängen in und um die Kelter aus vergangenen Tagen.

Meine Urgroßeltern und Großeltern erlebten noch die Zeit, in der die Kelter ganz im Besitz der Herren von Weiler war. Damals waren die Untertanen verpflichtet, ihre Trauben hier abzukeltern. Ein Aufseher und zwei Bedienstete des Barons achteten darauf, dass der Siebte (Weinzehnte) an die Herrschaft abgegeben wurde. Dieser Anteil wurde gleich in das nahe gelegene Kellerhaus des Barons (heute Kellerstraße 18) gebracht. Der Wein war damals nicht die einzige Abgabe an die Ortsherrschaft. Auf den Feldern blieb ebenfalls der Siebte der Getreide-Garben stehen, der von Bediensteten des Barons abgeholt wurde. Bis Anfang des 20. Jahrhunderts hielt sich ein Relikt aus der Zeit der Frondienste: Bei Bedarf mussten die Bauern unentgeltlich für den Baron arbeiten. Das konnte auch von einem Tag auf den anderen sein.

Bis in die 1930er Jahre befand sich in der Kelter eine sogenannte Baumpresse. Sie bestand aus dicken Eichenbalken. Große Steine sorgten für das entsprechende Gewicht. An einem Ende der Presse befand sich eine Stange mit einer Spindel. Um diese zu drehen, waren 5-6 Leute nötig. 1932 wurde diese Presse durch eine Wasserdruckpresse ersetzt.

In den 1940er Jahren nutzten 35 Weingärtner die Kelter. Jeder hatte seinen Büttenplatz mit einer eigenen Bütte. Die größte, eine ovale Bütte, die Wengerter Hofmann von einem Bierbrauer erworben hatte, fasste 6-7000 Liter, die kleineren 2-3000 Liter. Ein Büttenplatz kostete vor der Währungsreform 5 Reichsmark pro Jahr (Büttengeld). Ihre Gerätschaften (Traubenzuber usw.) durften die Wengerter in der Kelter lagern. Nur für die Zeit der Lese musste man die Kelter ausräumen.

Ich selbst war schon als Bub beim Keltern dabei. Da mein Vater früh verstorben war (1938), musste ich kräftig mit anpacken und meine Mutter in der Kelter unterstützen. So lernte ich den Betrieb und die Abläufe früh kennen.

Ich erlebte noch, wie man die angelieferten Trauben mit Butten auf dem Rücken in die Kelter trug. Über eine Leiter schüttete man sie auf eine Raspel in den großen, stationären Bütten. An der Raspel, einem Vorläufer der Abbeermaschine, befanden sich Walzen, die von Hand gedreht wurden. Damit wurden die Trauben ausgedrückt. Die kleinen Stengel (Kämme) blieben noch an den Trauben. Sobald der Gärprozess in der Bütte einsetzte, ließ man den Saft ab und presste den Rest mit hydraulischen Pressen. Es gab eine große und eine kleine Presse. Zum vollständigen Auspressen der Maische brauchte man drei Pressvorgänge. Jede Pressung wurde extra berechnet.

Sowohl für die große als auch die kleine Presse gab es einen eigenen Keltermeister, der die Belegung der Pressen organisierte und unter anderem darauf achtete, dass nicht mehr als dreimal gepresst wurde. Gepresst wurde oft Tag und Nacht. Die Keltermeister hatten auch darauf zu achten, dass die Bütten nicht zu voll gemacht wurden. Einmal drückte es bei einer Bütte den Boden hinaus, weil ein Wengerter sie überfüllt hatte und der Druck in der abgedeckten Bütte mit einsetzendem Gärprozess zu stark geworden war. Der ganze Saft lief zur Kelter hinaus.

Nach dem Pressen musste man warten, bis der Saft vergoren war. Dann ließ man ihn ab. Nur die Hefe, die sich unten abgesetzt hatte, blieb zurück. Nun stand der gekelterte Saft zum Abtransport bereit. Um die genauen Mengen abzumessen, verwendete man geeichte, hölzerne „Eimer“. Diese fassten ca. 150 Liter. Pro 50 Liter waren Nägel zur Eich-Markierung eingeschlagen. Der Eichung wurde alle 2 Jahre amtlich überprüft.

Die einzelnen Weingärtner hatten einen festen Stamm an Händlern und Gastwirten, die zum Teil aus dem Haller und Stuttgarter Raum kamen. Der Wein wurde zu individuell vereinbarten Preisen verkauft. Eigene Aufseher dieser Abnehmer überwachten das Abmessen. Das, was die Wengerter für den Eigenbedarf zurückbehielten, transportierten sie in kleinen Fässern ab. Weingärtner und Abnehmer bauten ihren Wein in eigenen Holzfässern aus.

In den 1950er Jahren waren bauliche Maßnahmen notwendig, um die Kelter instand zu halten. Das ganze Dach, das noch mit handgemachten Biberschwanz-Ziegeln gedeckt war, hatte sich nach vorne geschoben. Deshalb musste an der Vorderseite das Fundament verstärkt werden. Bei diesen Arbeiten half ich gerne mit. Ich erfuhr in diesem Zusammenhang, dass die alten Ziegeln 70t wogen. Das Kelterstüble, in dem in den Nachkriegsjahren Flüchtlinge untergebracht waren, wurde mit der Waage nach vorne neben den Eingang verlegt. Dort füllte man die Papiere aus oder traf sich zum Vesper.

1952 gründete sich die Winzergenossenschaft (WG) mit 15 Mitgliedern. Das Folgejahr war für die Wengerter allerdings ein herbes Jahr. Ein Frost hatte fast die ganzen Trauben vernichtet. Die Kelter blieb geschlossen. 1954 lieferte die WG erstmals ihren Wein an die Württembergische Weingärtner-Zentralgenossenschaft (WZG) in Möglingen ab. Die Wengerter, die bei ihren individuell ausgehandelten Preisen früher eher benachteiligt waren, kamen durch die Gründung der WG deutlich besser weg.

In den 1960er Jahren installierte man eine Sauganlage, die die Traubenannahme sichtbar erleichterte. Sie leistete ihren Dienst bis in die 90er Jahre. Auch eine Abbeermaschine gehörte jetzt zur Ausstattung der Kelter. Die Trauben konnten damit sauber von den Kämmen befreit werden.

In den 1970er Jahren wurde die Flurbereinigung durchgeführt. Wir waren damit die ersten im Weinsberger Tal.

In den 1980er Jahren entschied man sich für weitere Modernisierungsmaßnahmen. So baute man 1982 einen Kran ein, der die Traubenzuber außen annahm und über den Einlass am Dach zur Abbeermaschine und zur Waage transportierte. Die Maische konnte man mithilfe einer Pumpe in den Abtropftank und in die vier Zwischenlagertanks pumpen. Die Lagerkapazität betrug rund 120 000 Liter. Später wurde noch eine Kamera in der Kelter installiert. Damit ließ sich unter anderem sicherstellen, dass keine Fremdkörper in die Bütten gelangten.

Zu meinen Aufgaben als Vorstandsvorsitzender zählten die Kontrolle der Traubenzuber, die Gewichts- und Qualitätsprüfung bei der Annahme sowie die Buchführung über die angelieferten und auszuzahlenden Mengen.

Insgesamt denke ich gerne an die Zeit meiner Vorstandschaft zurück. Die Zusammenarbeit mit den Weingärtnern verlief recht reibungslos. Ich wusste, mit ihnen umzugehen. In guter Erinnerung ist mir auch die Zusammenarbeit mit Traugott Grauf. Traugott war als Kaufmann tätig und kam immer nach Feierabend in die Kelter. Er hatte die Aufgabe, nach den Öchsle zu schauen und Lieferscheine zu schreiben. Leider musste Traugott vor kurzem zu Grabe getragen werden.

2001 übernahm mein Sohn, Reiner Rupp, mein Amt. Zu dieser Zeit waren aus den 15 Gründungsmitgliedern der WG 52 geworden, die zuletzt pro Jahr durchschnittlich 400 000 Kilo Trauben ablieferten.

Reiner blieb Vorstandsvorsitzender bis 2013, dem Jahr, in dem die letzte Traubenannahme in der Kelter erfolgte. Danach fusionierte die WG Weiler mit der WG „Winzer vom Weinsberger Tal“ (WvWT). Die Mitglieder mussten nun in Löwenstein oder Eberstadt abliefern. Die Weingärtner, die die größeren Flächen und die größeren Schlepper hatten, eher in Eberstadt, die anderen in Löwenstein.

Anmerkung: Nach Meinung des neuen Vorstandsvorsitzenden war der Schritt zur Fusionierung schon länger ein Thema. Die technischen Anlagen in der Kelter waren in die Jahre gekommen, die Reparaturen hatten sich gehäuft. Auch die Auszahlungsleistungen der WZG Möglingen seien nicht mehr zufriedenstellend gewesen. Die Winzer hätten mehr gezahlt, so Reiner Rupp.


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