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Glockengasse 11, Obersulm-Sülzbach
Sühnekreuze mussten im Mittelalter zur Sühne und zum Gedächtnis des Erschlagenen an der Stelle der Tat vom Täter oder seinen Angehörigen errichtet werden. Lange Zeit glaubte man, die Spur von Michael Beheim nach seinem Aufenthalt in Heidelberg am Hof von Kurfürst Friedrich von der Pfalz verloren zu haben. Der Aufmerksamkeit und dem historischen Interesse des Sülzbacher Pfarrers J. Caspart (Pfarrer von 1873 bis 1885) verdanken wir, dass ein steinernes Zeugnis über Beheims Lebensende in Sülzbach erkannt und bis heute erhalten werden konnte.
Caspart wurde im Dezember 1875 auf ein steinernes Sühnekreuz aufmerksam, das in einem Acker lag an der Stelle, an der sich früher der alte Weg nach Lehrensteinsfeld mit der Straße von Heilbronn nach Hall kreuzte. Er fand das Kreuz verwittert und bemoost mit abgeschlagenem Kopfstück.
Auf dem Querstück steht in deutschen Buchstaben noch zulesen:
beham Schultheiß tzu Sülzbach erschlag
auf dem Kreuzfuß darunter steht: got gnad
Die auf dem Kreuz noch vermerkte Jahreszahl ist so verwittert (147...), dass nur annähernd auf das Todesjahr geschlossen werden kann. Man nimmt das Jahr 1474 an. Als Täter kommen nicht nur Wegelagerer in Betracht, sondern auch viele zum Teil adelige Feinde, die der Dichter durch seine offenen Worte gegen sich aufgebracht hatte. In einem Aufsatz in den Heilbronner Heimatblättern von 1937 wird der historische Wert wie folgt beschrieben: "Dieses Steinkreuz ist eines der ältesten deutschen Steindenkmale mit Inschrift in unserer Landschaft und darum in jeder Hinsicht des Schutzes und der Erhaltung wert."
Das Sühnekreuz wurde zeitweise im Heilbronner Historischen Museum verwahrt und 1969 an der Südmauer des neu gestalteten Kirchhofs der Kilianskirche aufgestellt. Die Heilbronner Stimme bezeichnete aus diesem Anlass im Mai 1969 das Sühnekreuz als "Ein Kleinod im Weinsberger Tal". Um das Sühnekreuz vor weiterer Verwitterung zu schützen, ließ die Gemeinde 1992 eine Nachbildung fertigen. Das historische Sühnekreuz selbst steht unter einer Glasverwahrung im Foyer der Michael-Beheim-Grundschule.
Wenn wir heute an dem Erinnerungskreuz stehen, gilt der Schlussvers eines seiner Gedichte:
"Kumm uns zu hilff an unserem end und michel peherem. Amen"
Die Familie Beheim stammt ursprünglich aus Böhmen. Schon 1390 wird sein Vater Hans Beheim als Weber in Sülzbach erwähnt. Auch Michael Beheim erlernte zuerst das Weberhandwerk.
Geboren wurde er am 29. September in Sülzbach. Das Geburtsjahr schwankt zwischen 1416 und 1420, wobei die neuere Forschung eher von 1420 ausgeht. Notizen aus einer seiner Handschriften geben Aufschluss über seine familiäre Situation. Seine Eheschließung dürfte 1439 erfolgt sein, wobei der Namen seiner Frau nicht bekannt ist. Sie starb 1453. Das Ehepaar hatte vier Kinder, drei Söhne und eine Tochter: Lazarus, Clemens und Paulus sowie Notburg.
Der Beruf des Webers hatte ihm niemals recht zugesagt. Vielmehr interessierten ihn kriegerische Ereignisse und so finden wir 1439 Michael Beheim unter der zahlreichen Dienerschaft des Reichserbkämmerers Konrad IX von Weinsberg. Schon vorher hatte er - vermutlich als Autodidakt - lesen und schreiben gelernt und erste Reime verfasst. So beschäftigte Konrad IX ihn im Hofdienst und als Sänger, wobei er seinen Herrn auf vielen Zügen und Reisen begleiten durfte, z.B. auch zum Konzil von Basel. Nach dem Tod Konrads IX im Jahr 1448 finden wir Michael Beheim an den verschiedensten Fürstenhöfen Europas, u.a. beim Markgraf von Brandenburg und König Christian von Dänemark. 1456 nahm er im Gefolge des Königs Ladislaus aus Prag am Türkenfeldzug nach Belgrad teil. Ab 1460 lebte er am Kaiserhof in Wien und war Kaiser Friedrich III und dessen Familie eng verbunden. "... dez römischen kaisser tewtscher poet und dichter". Beim Aufstand der Wiener gegen den Kaiser beteiligte er sich heldenhaft an dessen Verteidigung und war sogar eine zeitlang als Hauptmann eingesetzt. Durch seine eindeutige Parteinahme für den Kaiser schaffte er sich viele Feinde und die Wiener setzten sogar ein Preisgeld von 400 Dukaten auf seinen Kopf aus. Nach der Aussöhnung des Kaisers mit den Wiener Bürgern wurde Beheims Stellung am Hof unhaltbar. Zu Weihnachten 1465 wurde er entlassen und zog tief enttäuscht davon. Einen seiner Söhne ließ er als Ordensmann in Wien bei den "minderen Brüdern" zurück.
Eine feste Anstellung fand Beheim erst wieder nach Juli 1468 beim Kurfürsten Friedrich I. von der Pfalz in Heidelberg und wechselte damit ins Lager der Gegner des Kaisers. Als Hofpoet war er von Friedrich I. persönlich beauftragt, seine fürstlichen Taten zu besingen. Warum und wann Beheim den Hof in Heidelberg verlassen hatte, ist nicht bekannt. Ab 1472 finden sich seine Spuren wieder in Sülzbach (siehe Ortsrundgang "Wappenstein").
In Obersulm sind in seinem Geburtsort Sülzbach die Michael-Beheim-Straße sowie die Michael-Beheim-Schule (seit 2022 Grund- und Gemeinschaftsschule) nach ihm benannt. In Wien finden wir zu seinem Gedenken im 17. Bezirk die Beheimgasse.
Nachdem das Weinsberger Herrengeschlecht Land und Rechte vollständig an den Pfalzgrafen Friedrich verkauft hatte, stand Sülzbach unter kurpfälzischer Obrigkeit. Zu Beheims Zeiten war der Ritter Lutz Schott pfälzischer Vogt in Weinsberg. Ihn hatte Michael Beheim in seiner großen Reimchronik wiederholt wegen seiner großen Tapferkeit gerühmt. Es spricht viel dafür, dass Michael Beheim in seinem Geburtsort Sülzbach von diesem Vogt als Schultheiß eingesetzt wurde und hier seine letzten Lebensjahre verbrachte.
Michael Beheim zählt zu jenen Meistern des 15. Jahrhunderts, die das schwere Leben eines fahrenden Sängers auf sich nahmen, sich jedoch nicht mit den Spielleuten und Lohndichtern niederen Grades identifizierten. Wohl kann man Beheim nicht unter die größten Meistersänger des Mittelalters einordnen; mit seinen Reimen kam er oft ins Gedränge, erlaubte sich willkürliche Wortbildungen und Abänderungen der Sprachregeln, die deshalb manches für uns heute unverständlich machen. Seine Werke sind jedoch eine wertvolle, ungeschminkte kulturgeschichtliche Schilderung eines Augenzeugen jener Zeit.
Seine Themen kommen aus vielen Bereichen. Unter seinen Gedichten finden sich geistliche Lieder, Berichtslieder über politische Ereignisse, autobiographische Lieder und - eher in geringerer Zahl - Minnelieder und Naturgedichte. Die von Hans Gille und Ingeborg Spriewald um 1970 herausgegebene Sammlung umfasst 453 Gedichte. Daneben existieren die beiden umfangreichen Chroniken in Reimform, das "Buch von den Wienern" und die "Chronik über das Leben von Kurfürst Friedrich I von der Pfalz". Auch diese Chroniken sind vertont und die Melodien in seinen Handschriften überliefert. Im "Buch von den Wienern" griff er alle Stände an, außer dem Kaiser als dem verehrten Oberhaupt der Christenheit. Der Kritik unterzog er die gewinnsüchtigen Handwerker ebenso wie die rauflustigen Ritter oder auch die "pösen Brelaten ". Wie bereits oben in seinem Lebenslauf vermerkt, gingen die Wiener sogar soweit, dass sie einen Preis von 400 Dukaten auf seinen Kopf aussetzten (Der Dukaten war eine wertvolle Goldmünze mit hohem Feingoldgehalt). ".....Michel peham. dein Tichten pringt diech in Scham, und macht die noch Angst und Not,du wirst drum gestochen tot, darumb sollst du nicht maßen und solches Tichten lassen."
Als Hofpoet war Beheim in seinen politischen Gedichten gezwungen, für seine unterschiedlichen, oft untereinander verfeindeten Auftraggeber, jeweils die passenden Reime zu finden. In der Literatur kommt teilweise der Vorwurf, er habe sich seinen Herren zu kritiklos angepasst. Sein bewegtes Leben zeigt jedoch, wie oft er zwischen allen Stühlen saß und schmerzlich die Konsequenzen seiner Haltung tragen musste. Fast spöttisch schreibt er am Ende der "Pfälzer Chronik": Wer mit den Wölfen wohne, müsse mit ihnen heulen.
Der furst mich hett in knechtes miet,
ich ass sin brot und sang sin liet.
Ob ich zu einem andern kum, ich ticht im auch, tut er mir drum,
ich sag lob seinen Namen.
Michael Beheims dichterische Hinterlassenschaft wird in der Universitätsbibiliothek in Heidelberg aufbewahrt. Auf einem wunderbar verzierten Gedichtblatt mit Noten ist folgendes Frühlingslied zu finden (in heutiger Sprache):
Herr Winter, laß ab dein Gebläh und deines kalten Windes Weh,
Dein Reifen, Eis, Gefröst und Schnee; von hinnen dich erheb u. geh.
Dein Kraft nun nicht mehr bei dir sei, der Sommer dich verdränge
Uns wohnt der wonnigliche Mai mit seinen edlen Früchten bei;
Seht wie er seinen Samen streut, die Heid u. Anger überbrei´t
Mit Rosen, Lilien, Veilchen, Klee; seht wie das Gras entspringet.
Im Wald find´t man manch grünes Gezweig, darin die Vögel mancherlei
Vor Freuden führen einen Reig´, mit Singen sind sie frisch und frei.
Jeglicher Vogel, wie er auch sei, macht eigen seine Melodei.
Frau Nachtigall singt ob ihrem Ei; der Guckauch und die Kreih
erheben dazu ihr Geschrei; jeglicher sein Gesang aufdrei.
Wie übel er nun singt.