Sehenswertes in Sülzbach

Evang. Kilianskirche Sülzbach - Mutterkirche im Weinsberger Tal

Glockengasse, Obersulm-Sülzbach

Erbaut als hölzerne Missionarskirche um das Jahr 800 im Rahmen der fränkischen Christianisierung. Ob die Kirche ursprünglich dem heiligen Michael geweiht war, ist nicht zweifelsfrei belegt, wohl aber, dass sie später nach dem irischen Wandermissionar Kilian benannt wurde.
Das heutige Kirchenschiff wurde 1616 bis 1619 von Baumeister Friedrich Vischlin im Stil der Spätrenaissance errichtet.
Aus dieser Zeit stammt auch der heutige weithin sichtbare Nadelspitzenturm, welcher auf den um 1200 erbauten Wehrturm aufgebaut wurde.
Auch die Kirche umgebende Mauer wurde als Wehrmauer errichtet, wobei sie im Laufe der Jahrhunderte vielfältige Veränderungen erfuhr.


Geschichte der Kirche

Die Kilianskirche gilt als Mutterkirche des Weinsberger Tals. Sülzbach war bis ins 13. Jahrhundert Zentrum eines großen Kirchensprengels, zu dem die umliegenden Gemeinden Grantschen, Wimmental, Ellhofen, Lehrensteinsfeld, Willsbach, Löwenstein und Weinsberg gehörten. Auch wenn es in einigen der Gemeinden Kirchen gab, so hatten sie aber keine Pfarrrechte. Heute gehört nur noch Grantschen zur Mutterkirche.

Die Kirche wurde im Laufe der Jahrhunderte mehrmals umgebaut und erweitert. So wurden um 1400 beispielsweise die Seitenwände erhöht und ein gotischer Dachstuhl errichtet. Die heutige Form erhielt die Kirche nach dem Abriss des gotischen Baus. Baumeister Friedrich Vischlin erbaute von 1616 bis 1619 das Gotteshaus im Stil der Spätrenaissance. In etwa doppelt so groß wie der Vorgängerbau und mit einem beeindruckenden Dachstuhl, der als einsäuliges Hängewerk ausgeführt wurde. Dieser kunstvolle und äußerst stabile Dachstuhl zeugt von der Baukunst Vischlin. Die Enden der Hängesäulen im Dachgestühl, die entlang des Mittelbalkens die Kassettendecke tragen, sind mit Wappen geschmückt, die mit ihrer Symbolik für die tragenden Säulen des dörflichen Lebens der damaligen Zeit stehen:  Kirche (grüner Baum), Weinbau (Traube), Ackerbau (Pflugschar und Sense) und Mühle (Rad).

Kirchturm

Der rund 50 m hohe Kirchturm ist ein typischer Ostchorturm, wie er bei vielen spätromanischen Dorfkirchen unserer Region zu finden ist. Über dem gewölbten Altarraum erhebt sich ein massiver quadratischer Turm, dessen Mauerstärke etwa 1 m beträgt. Die drei unteren der insgesamt fünf Stockwerke lassen durch ihre Bauart und die Steinmetzzeichen auf die Zeit um 1200 schließen. Die Schießscharten im zweiten und dritten Stockwerk sind Beleg dafür, dass es sich um einen Wehrturm aus staufischer Zeit handelt. Eine typisch mittelalterliche Verbindung zwischen Kult- und Wehrgedanken. Beeindruckend ist das Tragegerüst des Turmdachs, wo es galt das frei aufsitzende Oktogon der Nadelspitze fest im Gebälk des quadratischen Pyramidenstumpfes und im Mauerwerk zu verankern. Im Laufe der Jahrhunderte musste das Kirchen- wie auch das Turmdach immer wieder neu gedeckt bzw. repariert werden. 1789 beispielsweise durch den Schieferdecker Brand von Meimsheim, der vom Sülzbacher Ernst Jaudas unterstützt wurde. Erheblichen Schaden richtete ein Blitz im Jahre 1852 an, wobei es glücklicherweise aber nicht zu einem Brand kam. Erstmals wurde daraufhin ein Blitzableiter angebracht. 45 Jahre später führte ein Gewittersturm zu Schäden. Bereits 1902 war wiederum eine größere Reparatur notwendig, die durch Schieferdecker Lang durchgeführt wurde. 1953 wurde das Turmkreuz mit dem Turmhahn wie auch der Kugelkopf abgenommen, die vorhandenen Schäden repariert und neu gestrichen. Das morsche Gebälk der Turmspitze wurde entfernt und durch eine neu gefertige Holzkonstruktion ersetzt. Die letzte große Turmrenovierung gab es 1978. Unsere Nachfahren werden im Kugelkopf den Gemeindebrief der Evangelischen Kirchengemeinde Sülzbach vom September 1978 finden, wie auch das Evangelische Gemeindeblatt vom 15.10.1978, die Obersulmer Nachrichten vom 12.10.1978 und die Heilbronner Stimme vom 18.10.1978. Des Weiteren eine Zeitschrift der Billy-Graham-Gesellschaft namens "Entscheidung", die Zeitschriften "Hör zu", "Der Spiegel" und die "Brigitte".

Glocken

Die große Glocke, zugleich die Älteste, hat beide Weltkriege überstanden. Sie wiegt stattliche 1050 kg und hat den Ton "f". Sie trägt die Inschrift "chistoph glockengiesser zu nürnberg goß mich 1596. gottes wort bleibt ewig, glaub dem that(?) bist selig." 1942 wurde die Glocke zusammen mit der mittleren Glocke abgenommen um eingeschmolzen zu werden, wobei sie diesem Schicksal entging. Sie wurde nach dem zweiten Weltkrieg 1947 in einem Sammellager in Lünen/Westfalen entdeckt und wieder nach Sülzbach gebracht. Seit dem 21. Dezember 1947 läutet sie wieder an ihrem alten Platz.  

Die mittlere Glocke aus dem Jahre 1625 (gegossen von Nikolais Martinus Campen in Stuttgart) wurde 1956 durch eine neue 650 kg schwere Glocke (Ton "g") ersetzt, gegossen von der Firma Bachert in Heilbronn. Sie wurde von der Familie des damaligen Bürgermeisters Paul Schick gestiftet. Auf ihr findet man folgende Inschrift "Unserem lieben Sohn Richard und seinen gefallenen und vermißten Kameraden zum Gedächtnis  -1.Juli 1956- ."

Die beiden Glocken (die große und die mittlere Glocke von 1625) wurden am 28. Juni 1931 zum erstenmal elektrisch geläutet. Das schlechte Läuten war schon lange ein Mißstand, der seinen Grund darin hatte, dass die älteren Schulkinder das Läuten mit den Seilen nicht mehr ausüben wollten und es den kleinen Büblein schwer fiel, die großen Glocken in Schwung zu bringen. Deshalb hat der Kirchengemeinderat beschlossen, das Geläut zukünftig elektrisch in Schwung zu bringen.

Die frühere dritte Glocke stammte aus dem Jahre 1738 und wurde schon 1917 abgenommen und eingeschmolzen. Ihr Gewicht betrug 450 kg. Am 11. Juli 1937 wurde ihre Nachfolgerin festlich empfangen und am 15. Juli aufgezogen. Diese 409 kg schwere Glocke hat den Ton "b", gegossen von Heinrich Kurtz in Stuttgart.

Innenraum der Kirche

Innenraum - Blick von der Empore
Innenraum - Blick von der Empore

Der Innenanblick der Kirche ist beeindruckend, da die Ausstattung seit 1619 weitgehend erhalten bzw. wieder freigelegt wurde. Die Kassettendecke ist gerade wegen ihrer Einfachheit äußerst reizvoll. Die vegetabilischen Motive der 210 Kasten, jeweils 82x139 cm groß, von denen keines dem anderen gleicht, in deren Schnittpunkten immer ein kräftiger Punkt den farblichen Akzent setzt, zeugen von einer reichen Phantasie und sind dennoch Ausdruck einer strengen geistigen Zucht, die die Vielfalt aus der Einheit sucht. Barocke Lebensfreude und weise Selbstbeschränkung gehen hier eine enge Verbindung ein.

Die in Grau ausgeführten Bemalungen um die Fenster und um den Triumphbogen hingegen sind von einem anderen Geist geprägt. Hier kommt die ganze Formenvielfalt der Spätrenaissance zur Geltung. Diese illusionistischen Malereien, die durch Staffelung, Perspektive und in ihrer Kontrastwirkung den Eindruck erwecken wollen, als seien die dargestellten Pfeiler, Staffelgiebel und der reichliche Zierat räumlich vorhanden.

Als ältestes Inventar sind Reste des Kirchengestühls vorhanden, das aus der Erbauungszeit stammen könnte, obwohl es stilistisch zwischen Renaissance und Barock einzuordnen ist.  

Auch die Kanzel ist schwierig einzuordnen, da sie Teile verschiedener Epochen enthält. Die gewirtelte Säule des Kanzelfußes hat dieselbe Form wie die Emporstützen aus der Erbauungszeit, wogegen am Korb keine Anklänge der Renaissance mehr zu sehen sind. Der kräftige Zahnfries oder auch die gequaderten Rundbögen deuten auf die nüchterne Formensprache der Zeit nach dem Dreißigjährigen Krieg.

Beim Betreten der Kirche sticht das Abendmahlsbild über dem Triumphbogen ins Auge. Dieses Bild wurde aber wahrscheinlich erst rund 40 Jahre nach der Erbauung der Kirche angebracht, wobei die ursprünglichen Rollwerksmalereien überdeckt wurden. Daraus kann man schließen, dass die Kirche während des Dreißigjährigen Krieges verwüstet wurde. Bei der letzten Renovierung wurde in der Wand des Triumphbogens die Inschrift *Hanß Ramm 165..*  freigelegt, was diese These stützt.

Am Altar ist auf dem Sockel die Jahreszahl 1630 zu erkennen, die wohl im Zusammenhang mit einer im Totenbuch vom 15. Januar 1630 vermerkten Stiftung für den verstorbenen Hauptmann Bonaventura Müller steht. Das zentrale Relief der Grablegung Christi ist jedoch ein gotisches Bildwerk und stammt nicht aus der Zeit um 1630, sondern wurde in den barocken Rahmen eingesetzt.

Der 1675 datierte Taufstein findet sein Pendant übrigens in der Willsbacher Kirche, der mit großer Wahrscheinlichkeit vom selben Meister stammt. In der Eschenauer Kirche findet sich ebenfalls ein Taufstock, der dieselben Masken und Blattformen zeigt und ebenfalls dem Erbauer des Sülzbacher Taufsteins zuzuschreiben ist.

Drei Epitaphe (Totentafeln) schmücken die Wände der Kirche. Das beeindruckendste ist das 3 x 4,6 m große, auf das Jahr 1626 datierte Oettinger-Epitaph. Ein ungewöhnlich prächtiges und von der Entstehungszeit auch seltenes Stück, das noch ganz der Renaissance verhaftet ist, wurde von Michael Oettinger für seine Eltern und seine erste Frau gestiftet. Das reiche Schnitzwerk, die rühmenden Beiworte, die Formenpracht und die Familiendarstellung sind Zeugnis für das Ansehen und den Wohlstand dieser alten Sülzbacher Familie. Das Epitaph des Michael Dorsch (gest. 1728), einst Schultheiß von Grantschen, ist rund 100 Jahre jünger und zeigt die klassischen Formen des Hochbarocks. Es zeigt die Stifterfamilie vor der Himmelsleiter und das stark stilisierte und perspektivisch verdrehte Weinsberger Tal. Das dritte Epitaph an der Südseite ist bereits ein Werk des Spätbarocks und dürfte um die Mitte des 18. Jahrhundert entstanden sein. Es zeigt einen namentlich nicht genannten Sülzbacher Pfarrer. Zu vermuten ist, dass entweder Pfarrer Christian Wolf (gest. 1739) oder Christof Jak Jenisch (gest. 1738) abgebildet ist. Beide starben jedoch in Armut, sodass vermutlich ein vermögendes Gemeindemitglied die Totentafel gestiftet hatte.

Der Innenraum wurde 1965/66 grundlegend renoviert. Insgesamt zeigt die Innenausstattung der Kilianskirche eine sehr reizvolle stilgeschichtliche Entwicklung.

Orgel

Erstmals erklang in der Kirche am 7.April 1699 eine im Chor aufgestellte Orgel

Blick auf die Empore mit Orgel
Blick auf die Empore mit Orgel

Vor der Inbetriebnahme der ersten Orgel 1699 war es Aufgabe des Schulmeisters, als Vorsänger den Gesang zu leiten. Der Sohn des Schulmeisters von Steinsfeld spielte auf der von Orgelmacher Schmoohl aufgerichteten Orgel an diesem Osterfest "Festo Paschatos." 182 Jahre lang wurden auf der wiederholt restaurierten Orgel die Gottesdienste begleitet. Schreckliche Misstöne und miserable Register gefährdeten den Gemeindegesang und ganze Gottesdienste, so dass 1881 die Anschaffung einer neuen Orgel beschlossen wurde. So fand 1882 eine neue Orgel der Firma Link ihren Platz auf der Empore.

Deren Orgelprospektpfeifen wurden im Kriegsjahr 1917 beschlagnahmt, aber immerhin mit 228 Mark vergütet. 1922 konnten neue Pfeifen zum Preis von 50.000 Mark beschafft werden. Finanziert durch eine Spendensammlung im Jahre 1921, die allerdings nur 2.300 Mark erbrachte. Eine Spende von 25 Dollar von Wilhelm Schick, der nach Amerika ausgewandert war, ermöglichte dann die Anschaffung. Der Umtausch der 25 Dollar erbrachte nämlich 187.270 Mark. Aufgrund starker Beschädigungen durch den Holzwurm wurde 1954 eine gründliche Erneuerung durchgeführt. Eine neue Orgel wurde am 18. Januar 1970 in Betrieb genommen.


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