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Friedhofstraße 3, Obersulm-Sülzbach
1790 Fertigstellung des Kelterbaus, Bauherr: Abt Maurus Schreiner, Zisterzienserabtei Schöntal im Jagsttal
1802/1803 Aufhebung des Klosters; Säkularisierung des Klosterbesitzes; Übergang an das Herzogtum Württemberg/ Königreich Württemberg
(Herzog Friedrich II, ab 1806 König Friedrich I)
1834 Verkauf der Kelter durch das königliche Kameralamt in Weinsberg an die Gemeinde Sülzbach
1950 Gründung der Weingärtnergenossenschaft Sülzbach
1963 Verkauf der Kelter durch die Gemeinde Sülzbach an die Weingärtnergenossenschaft Sülzbach
1993 Verschmelzung der Weingärtnergenossenschaft Sülzbach mit der Weingärtnergenossenschaft Mittleres Weinsberger Tal mit Sitz in Obersulm-Willsbach
1993 Erwerb der Kelter durch die Gemeinde Obersulm
1996 Beginn der Umbauarbeiten an der Alten Kelter für eine Vereinsnutzung
1998 Einweihung der umgebauten Kelter
Die heutige "Alte Kelter" an der Friedhofstraße wurde von der Zisterzienserabtei Schöntal erbaut und im Jahr 1790 fertiggestellt. Der Schlussstein über dem Ostportal weist auf dieses Datum hin. Natürlich gab es schon seit dem Mittelalter Vorgängerbauten in Sülzbach, denn der sog. Weinzehnte (s.w.u.) war eine der wichtigsten Einnahmequellen für die Obrigkeit. Daher war es notwendig, dass entsprechende Keltergebäude im Ort vorhanden waren. So wird bereits 1499 in der Dorfordnung für Sülzbach eine Kelter erwähnt.
Das Gebäude ist ca. 28 m lang, 20 m breit und 16m hoch und vollständig aus Sandstein gebaut.
Der Sandstein selbst dürfte aus dem Steinbruch von Wimmental stammen, der ja im Eigentum des Klosters stand.
Die Kelter wurde mit fünf "Bäumen" = "Kelterbäumen"= Pressen ausgestattet (Torkelpressen). Die Torkelpressen leisteten über 130 Jahr ihre Dienste, bis sie dann nach dem Ersten Weltkrieg Anfang der 20-er Jahre nach und nach durch moderne hydraulische Pressen ersetzt wurden. Daneben gab es noch eine sog."Trotte", eine Anlage zum Trauben treten.
Bauherr
Zur Zeit dieses Kelterbaus war Maurus Schreiner Abt in Schöntal (1784 -1803).Sein Wappen befindet sich an der Ostseite der Kelter.
Ebenfalls an der Ostseite weist eine weitere Inschrift auf einer ovalen Steinplatte mit Umkränzung auf den Schöntaler Abt Maurus Schreiner hin.
Der Text in einem allerdings nicht klassischen Latein lautet:
ETSI LANGUEBANT VITES SUB PRAESIDE MAURO
HENRICUS BACHO EANA (FEANA ?) NOVARE JUBET
LAMBERTUS UERO SATAGIT EA CONDERE TECTO
QUAE VIX E TERRA PROVEHITE ISTE PRIOR
QUAE NUNC IN SULZBACH VALLIS SPECIOSA REPONIT
PLURES POST LUNAS FAC DEUS HIC REDEANT
Die Übersetzung:
Auch wenn die Reben ermattet waren
unter dem Schutz (Schutzherrschaft) des Maurus
befiehlt Henricus* dem Bacchus,
seine Heiligtümer (Heiliges) ** zu erneuern.
Lambertus***aber hat vollauf damit zu tun, das (die Ernte)
durch ein Dach zu schützen (bergen),
was jener zuvor mit Mühe aus der Erde herausfährt (herausbringt),
was nun das liebliche Tal in Sülzbach aufbewahrt,
mache Gott, dass es nach mehreren Monden (Monaten)
hier(her)zurückkehrt.
Henricus = Henricus Heiß (1785 Pfarrer in Wimmental)
** Heiligtümer/Heiliges = auch Kirchengüter,
z.B. Heiligenpfleger = Kirchenpfleger
*** Lambertus = Lambertus Huberich
(1790 Pfarrer in Wimmental / praef. et parochus)
Weiter ist an der Kelter an der Nordostecke eine zweiteilige Tafel ins Mauerwerk eingelassen.
Die Inschrift der linken Tafel ist herausgemeißelt.
Auf der rechten Tafel steht: Gewesene Bauren stein ge=
führt für Schultheiß Vetterle von
Wimnthal und Heinrich Acker
von Dimbach.
Sebastian Vetterle war von 1785 bis 1802 Schultheiß von Wimmental. Dort befand sich seit 1590 der sog. "Pfleghof", eine Art Verwaltungszentrale für die Besitztümer des Klosters Schöntal in unserer Gegend.
Eigentums- und Nutzungsänderung
vom Beginn des 19. Jahrhunderts bis heute:
Die Kelter war Eigentum des Klosters bis zur Säkularisation in den Jahren 1802/1803 und ging dann an das Haus Württemberg über. Auch nach der Aufhebung des Kelterzwangs und der Ablösung des Weinzehnten (Erläuterung dazu s.w.u.), in der ersten Hälfte des 19.Jahrhunderts, nutzten die Sülzbacher Weingärtner die Kelter bis zum Ende des 20. Jahrhunderts.
1834 erwarb die Gemeinde Sülzbach das Gebäude vom königlichen Kameralamt in Weinsberg.
Auch die 1950 gegründete Weingärtnergenossenschaft Sülzbach nutzte die Kelter für das Herbstgeschäft bis zu ihrer Fusion mit der Weingärtnergenossenschaft Mittlers Weinsberger Tal, mit Sitz in Obersulm Willsbach im Jahr 1993.
1963 hatte die WG Sülzbach das Gebäude sogar von der Gemeinde Sülzbach für 33 530 DM erworben.
Im Keltergebäude wurden auch Feuerwehrgeräte gelagert. Selbst eine Schlauchtrocknungsanlage befand sich dort.
Daneben betrieb eine Gefriergemeinschaft eine Gefrieranlage in diesem Gebäude.
Der Rückerwerb der Kelter durch die Gemeinde Obersulm erfolgte im Dezember 1993 zu einem Kaufpreis von 274 400 DM.
Kelterumbau zur Vereinsnutzung
Durch die Aufnahme von Sülzbach in das Landessanierungsprogramm im Jahr 1995 wurde die Gemeinde Obersulm in die Lage versetzt, sich mit einer Umnutzung des Keltergebäude für Vereinszwecke nähers zu beschäftigen. Nach intensiven Gesprächen waren schließlich der Musikverein Sülzbach und der Brieftaubenverein Obersulm-Sulmtalbote bereit, sich mit wesentlichen Eigenleistungen am Umbau zu beteiligen, wenn sie anschließen auch Nutzer der neugestalteten Räume sein könnten.
Die Planung für die Umbauarbeiten lag beim Architekturbüro Ernst Frey in Stuttgart.
1996 fiel der Startschuss für die Arbeiten und die feierliche Einweihung fand dann im Juni 1998 statt.
Die Kosten für diese Sanierungs-und Umbaumaßnahmen beliefen sich auf rund 1 Million DM.
700 000 DM stemmte die Gemeinde mit Unterstützung aus dem Sanierungsprogramm.
300 000 DM und fast 2500 Arbeitsstunden brachten der Musikverein und der Brieftaubenverein auf.
1.) Weltliche Oberhoheit über Sülzbach
Das Lehenswesen (Lehen = lat. feudum = Feudalwirtschaft) war die prägende Wirtschafts- und Herrschaftsform des europäischen Mittelalters. Der Landesherr übte seine Herrschaftsrechte wie z.B. Vogtei oder Gericht in den von ihm beherrschten Orte durch Ministeriale aus, die mit diesen Aufgaben belehnt wurden. Auch sein Grundbesitz, den er vor Ort besaß, wurde in der Regel von Lehensmännern bewirtschaftet. Die Lehensnehmer mussten dafür im Gegenzug der Herrschaft treue Dienste leisten.
Übliche Formen des Lehens: "Erblehen"
Diese konnten vererbt, verkauft, weiterverliehen (Afterlehen) oder sogar geteilt werden.
"Fallehen"
Dieses fiel im Todesfall an den Grundherrn zurück.
"Gnadenlehen"
Dieses konnte jederzeit vom Grundherren eingezogen werden.
Die Lehensnehmer ließen in der Regel ihr Pachtland von Bauern bewirtschaften, die dafür Abgaben leisten mussten. Die häufigsten Abgaben waren zum einen, dem geringeren Teil, der Grundzins/die Gült (ähnlich dem heutigen Pachtzins) zum anderen, dem wesentlich größeren Teil, die jährlichen "Gefälle" (der "Zehnte").
Es gab u.a. den:
"Großen Zehnten“ (Fruchtzehnter): Korn (Weizen/Hafer)
"Kleinen Zehnten":Heu/Flachs/Rüben/Erbsen/Linsen/Bohnen/ auch Hühner
"Weinzehnten"
Landesherrschaft über Sülzbach:
Seit Frühmittelalter Bistum Würzburg als Reichslehen
1323 Das Bistum überträgt Sülzbach als Lehen weiter an Konrad IV von Weinsberg
bis 1450 Die Herren von Weinsberg
1450 bis 1504 Kurpfalz (Kurfürst Friedrich von der Pfalz)
1504 bis 1522 Herzogtum Württemberg (Herzog Ulrich )
1522 bis 1534 Habsburg (Kaiser Karl V / Erzherzog Ferdinand von Österreich)
1534 bis zur Neuzeit Das Herzogtum Württemberg ; (ab 1806) Königreich Württemberg
2.) Kirchliche und wirtschaftliche Verflechtungen (Sülzbach und die Zisterzienserabtei Schöntal)
Sülzbach gehörte zum Bistum Würzburg vom frühen Mittelalter bis zu Neuordnung der Katholischen Bistümer (1814) durch das Königreich Württemberg.
Zisterzienserabtei Schöntal im Jagsttal
Das Kloster Schöntal, um 1150 von Wolfram von Bebenburg gestiftet, trat urkundlich belegt im Jahr 1345 in die Ortsgeschichte von Sülzbach ein. Dort spielte es von 1450 bis weit in die Neuzeit hinein eine führende wirtschaftliche und kirchliche Rolle, selbst unter den wechselnden weltlichen Landesherrschaften in diesen Jahrhunderten und auch nach der Reformation.
1345 Engelhardt von Weinsberg und seine Frau Hedwig verschenkten Teile ihres vom Bistum Würzburg verliehenen Lehens an das Kloster Schöntal, nämlich die Pfarrkirche mit ihren Gütern in Sülzbach (Sulzebach prope Winsperg). Auch in den folgenden Jahrzehnten vergrößerte das Kloster Schöntal wesentlich seinen Besitz in Sülzbach durch weitere Schenkungen und Zukäufe.
1447 Erwerb der Sülzbacher Zehntanteile von Konrad von Weinsberg
1490 Das Kloster besitzt alle wesentliche Einkünfte des Ortes, den Großen und den KleinenZehnten sowie den Weinzehnten
Obwohl Sülzbach bei der Reformation vollständig zum evangelischen Glauben übertrat, behielt das Kloster Schöntal bis zur Klosterauflösung 1802/1803 diese Einkünfte aufgrund einer Vereinbarung mit dem Herzogtum Württemberg.
Die Verwaltung der Güter erfolgte weitgehend vom "Pfleghof" in Wimmental aus. Von 1487 an hatte das Kloster Schöntal in Wimmental neben der kirchlichen auch die "weltliche" Zuständigkeit als Landesherr. In Sülzbach erbaute das Kloster verschiedene Gebäude um ihre Zehntabgaben in Empfang zu nehmen oder zu lagern, wie z.B. den Klosterhof oder die Zehntscheune (abgebrochen).
Eine Dorfkelter dürfte in Sülzbach schon im 14. Jahrhundert unter den Herren von Weinsberg vorhanden gewesen sein.
Der Weinbau dürfte bereits mit den Römern in dieser Gegend Fuß gefasst haben.
Urkundlich erwähnt wird der Weinbau:
1257 für Willsbach
1262 für Affaltrach
1271 für Eschenau
1274 für Eichelberg und Weiler
1345 für Sülzbach
Der Wein war ein sehr begehrtes Handelsgut. So vergrößerten sich die Weinbauflächen im Laufe der Jahrhunderte wesentlich. Während des Dreißigjährigen Kriegs verödeten viele Flächen und danach erholte sich der Weinbau nur langsam. Bis ins 20. Jahrhundert gab es dann ein stetiges auf und ab der Rebflächen.
Rebfläche | Rebfläche | |
heutige Gemarkung Obersulm | davon Sülzbach | |
Beschreibung des Oberamts Weinsberg von 1861 | 440 ha | 54 ha |
Weinbaustatistik 2021 | 376 ha | 48 ha |
Kelterzwang
Der gesamte Ertrag der Weinberge am Ort mussten im Herbst zur herrschaftlichen Kelter gebracht werden, anderfalls drohten hohe Strafen. Für das Kloster waren während der Herbstarbeiten ständig "Keltermänner" zugegen, die in der Kelter auch für die notwendigen Bütte sowie für das Heizen und Beleuchten zu sorgen hatten.
Als Keltermänner fungierten in Sülzbach stets zwei Wimmentaler Bürger.
In folge der Ablösung der "Zehntabgaben" wurde auch der Kelterzwang in der ersten Hälfte des 19. Jahrhunderts abgeschafft.
Weinzehnter
Die "Keltermänner" hatten auch sorgfältig darauf zu achten, dass der Weinzehnte (als Maische oder Most) ordnungsgemäß an das Kloster abgeliefert wurde. Im "Pfleghof" in Wimmental befand sich ein für damalige Zeit riesiger Keller, der sowohl als Sammelstelle als auch als Lager für große Weinbestände diente.
Die Berechnung des Weinzehnten erfolgte nach besonderen Weinmaßen. Bis 1806 galt in Sülzbach das sog. "Heilbronner Maß" und bis zur Ablösung des Weinzehnten das "württembergische Maß".
Württembergisches Maß: 1 Eimer = ca. 300 l= 16 Imi;1 Imi = ca.18,7 l>; 1 Imi enthielt 10 Maß = 1,87 l.
Das Kloster Schöntal besaß den Weinzehnten über dreihundert Jahre lang, vom Jahr 1490 bis zur Auflösung des Klosters 1802/1803. Daraufhin stand der Weinzehnte dem Herzogtum/Königreich Württemberg zu. Ebenso ging das Eigentum an der Kelter auf Württemberg über. Die Güter und Einkünfte wurden von da ab vom Kameralamt in Weinsberg aus verwaltet.
Ablösung des Weinzehnten
Durch das Grundlast-Ablösungsgesetz für das Königreich Württemberg vom 14. April 1848 wurden alle aus dem Lehens- und Grundherrlichkeitsverband (Feudalherrschaft) herrührenden bäuerlichen Lasten beseitigt. Für die aufzuhebenden Gefälle wurden die seither Berechtigten durch Geldleistungen entschädigt. Die Bauern und Weingärtner konnten die im Gesetz festgesetzen Entschädigungen in Raten von maximal 25 Jahren tilgen.
Die Höhe der Entschädigung für den Weinzehnten wurde nach einem 10-jährigen Durchschnitt der Herbstpreise vor Ort ermittelt.
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