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Schlossstraße 8, Obersulm-Eschenau
1827 vermietete die frühere Ortsherrschaft Teile des Gebäudes. Das untere Stockwerk wurde Sitz und Wohnung eines Amtsnotars. Das zweite Stockwerk wurde von 1842 an als Pfarrerwohnung genutzt. 1867 verkauften die Erben von Freiherr Albert von Hügel das gesamte frühere Amtshaus mit allen Nebengebäuden. Während die oberen Geschosse Eigentum der Ev. Kirchengemeinde wurden, kaufte die bürgerliche Gemeinde das untere Stockwerk und die Nebengebäude. Das Notariat blieb aber bis 1927 in seinen seitherigen Räumen. 1911 zog die Evangelische Kirchengemeinde in ihr neu erbautes Pfarrhaus.
Nach langem Zögern des Gemeinderats, nur unter Druck durch Schultheiß Carl Stoewe und durch den Oberamtmann von Weinsberg, erwarb die bürgerliche Gemeinde den restlichen Anteil am Gebäude von der Kirchengemeinde und verlegte 1910 das Rathaus dorthin, wo es dann auch bis zur Gemeindereform 1972 blieb. Seither sind im Erdgeschoss vor allem die Räumlichkeiten für den/die Ortsvorsteher/in und weitere Vewaltungsräume untergebracht. Die oberen Stockwerke dienen als Wohnungen.
Um 1670 Bau des Amtshauses während der Ortsherrschaft von Friedrich Moser von Filseck
1806 Umwandlung des herrschaftlichen Amtshauses in ein Rentamt
1827 Vermietung des ersten Stockwerks als Sitz eines königlichen Amtsnotariat
1842 Vermietung des zweiten Stockwerks an die Stiftungspflege als Pfarrerwohnung
1867/69 Verkauf des Amtshauses durch die Erben von Freiherr von Hügel; Erwerb des ersten Stockwerks und Anteile an den Nebengebäuden durch die bürgerliche Gemeinde sowie Erwerb des restlichen Gebäudes und Anteile der Nebengebäude durch die Stiftungspflege
1910/1911 Erwerb des Miteigentumanteils der Kirchengemeinde durch die bürgerliche Gemeinde; Umgestaltung des ersten Stockwerks für eine Rathausnutzung und Bezug der neuen Räume
1927 Verlegung des Bezirksnotariats nach Willsbach
1972 Gemeindereform; das Rathaus wird Sitz der Ortschaftsverwaltung
Amtshaus
Von 1650 bis 1704 übten die Herren von Filseck die Ortsherrschaft über Eschenau aus. Das Amtshaus, ein auch heute noch stattliches und dominantes Gebäude, wurde um 1670 von dem damaligen Rittergutsbesitzer Generalmajor Moser von Filseck erbaut. Als Baugrund dienten zwei dem Kloster Lichtenstern zehntpflichtige Hofstellen gegenüber dem Schlossgebäude, die abgebrochen wurden. Ein nicht allzu tiefer gewölbter Keller ist erreichbar von der Westseite über ein mit schlichtem Sandsteingewand umgebenen Rundbogentor. Das darüber ruhende Gebäude besitzt drei Stockwerke, wobei das oberste Stockwerk an der Ost- und Westseite von einem aufwendigen Mansardendach bedeckt ist. Eine mächtige zweiseitige Freitreppe führt zur zweiflügeligen Eingangstür im ersten Stockwerk. Zu den Amtsräumen gelangt man über einen breiten Flur. Von dort aus führt eine ebenfalls breite Treppe zum ersten Obergeschoss. Von den geometrisch exakt angeordneten Fenstern hat man eine herrliche Fernsicht über das Weinsberger Tal sowie das hochliegende Löwenstein. Bewohnt wurde bis Anfang des 19. Jahrhunderts dieses Stockwerk von den Witwen der verstorbenen Ortsherren. Auch herrschaftliche Gäste waren hier untergebracht. In den Räumlichkeiten darüber wohnte der jeweilige Amtmann mit seiner Familie, während Gesinde und Dienerschaft direkt unter dem Dach ihre Kammern hatten.
Im ersten Stockwerk lagen die Amtsräume der Vögte bzw. Amtmänner. Sie fungierten als Vertreter und im Auftrag der jeweiligen Rittergutsbesitzer, die über mehrere Jahrhunderte auch die Landesherren von Eschenau waren. Die Aufgaben eines herrschaftlichen Vogts bzw. Amtmanns waren vielfältig und mit einer großen Machtfülle verbunden. So oblag ihm die Überwachung und Protokollführung über alle Dienstverpflichtungen der Ortsbevölkerung gegenüber ihrer Herrschaft. Verpflichtungen wie Frondienste, Gültzahlungen oder Zehntabgaben wurden genaustens festgehalten. Ebenso überwacht wurden die Pflichten der Einwohner, die sich aus der unter den Herren von Gemmingen 1565 erlassen Dorfordnung ergaben. Auch die 1796 vom Killingerschen Amtmann Schlegel erneuerte Herbst- und Kelterordnung enthielt umfangreiche Vorschriften. Bei Verstößen waren entsprechende Strafen fällig. Wurden Regeln missachtet, war der Amtmann Verhandlungsführer, Protokollschreiber und Rechtssprecher in einer Person. Obwohl mit einer solchen Machtfülle ausgestattet, wechselten die Amtmänner am Rittergut Eschenau sehr häufig. Innerhalb von 180 Jahren lassen sich aus den Akten und Protokollbücher 31 verschiedene Vögte bzw. Amtmänner nachweisen. Vielleicht hatte dieser Wechsel seinen Grund auch in der über die Jahrhunderte öfters vorkommenden hohen Verschuldung des Ritterguts.
Im April 1806 übernahm Reichgraf Friedrich Uexküll-Gyllenband das von ihm erworbene Rittergut Eschenau mit all seinen Rechten. Schon ab 1. Januar 1806 hatte es als Folge der napoelonischen Kriege tiefgreifende Veränderungen auch in Eschenau gegeben, das bis zu diesem Zeitpunkt zum Ritterkanton Kraichgau gehörte. Der Ort wurde dem neu entstandenen Königreich Württemberg angegliedert. Aus dem seitherigen Eschenauer "Landes"herrn wurde nun ein "Standes"herr mit weitreichender Einschränkung seiner Macht. Viele Entscheidungen, die über Jahrhunderte der örtlichen Herrrschaft oblagen, wurden nun von dem Oberamt Weinsberg getroffen. So wurde u.a. die Patrimonialgerichtsbarkeit aufgehoben und die Verwaltung vom Gerichtswesen getrennt. Aus den Amtmännern wurden sog. Rentamtmänner, deren Tun sich weitgehend auf die Verwaltung des Schlossguts beschränkte. Die dadurch teilweise freiwerdenden Räume im Amtshaus wurden ab 1827 an das neu gegründete königliche Bezirksnotariat als Sitz und Amtswohnung vermietet. 13 Gemeinden im Umkreis zählten zu seinem Dienstbezirk.
Da das alte Pfarrhaus 1842 von der ev. Stiftungspflege für baufällig befunden wurde und die frühere Ortsherrschaft wegen der völlig veränderten Verhältnisse ihre Baulast für ein neues Gebäude bestritt, einigte man sich das Pfarramt und die Pfarrwohnung in das zweite Stockwerk des Amtshauses einzumieten.
Amtshaus
Am 31. Dezember 1865 verstarb der damalige Schlossbesitzer Freiherr Albert von Hügel. 1867/1869 verkauften seine Erben das Amtshaus mit allen zugehörigen Nebengebäuden. Die Evangelische Stiftungspflege (Kirchenpflege) erwarb die oberen Stockwerke, wobei sie bereits seit 1842 eine Wohnung als Pfarramt und Pfarrerwohnung gemietet hatte. Die bürgerliche Gemeinde entschloss sich nach längerem Zögern das untere Stockwerk und die Nebengebäude zu kaufen. Da die Finanzlage der Gemeinden alles andere als rosig war, blieben die Amtsräume weiterhin an den Notar vermietet.
Nebengebäude
Zum Amtshaus gehörten als Nebengebäude die herrschaftliche Zehntscheune und an der südöstlichen Grundstücksseite ein Waschhaus. Die Zehntscheune wurde nach dem Kauf für Gemeindezwecke benutzt. So wurde auch das frühere Feuerwehrmagazin aus dem Erdgeschoss des "Alten Rathauses" an der Bahnhofstraße in diese Scheune verlegt. Das Gebäude wurde 1967 abgebrochen und an dieser Stelle ein neues Feuerwehrgerätehaus erbaut, das dort bis zum Umzug in das heutige Gebäude an der Straße nach Weiler im Jahr 2018 seine Zwecke erfüllte.
Das kleine Waschhaus, aus Sandsteinen gebaut und mit einem Walmdach versehen, fand 1910 auch eine neue Bestimmung. Es wurde zu einem Ortsgefängnis umgebaut. In ihm konnten früher Personen, die randalierten oder betrunken waren, auf Anordnung der Gemeindeverwaltung für einen Tag weggesperrt werden.
Schultheiß in Eschenau war von 1893 bis 1928 der Kaufmann Carl Stoewe. (siehe auch Ortsrundgänge: "Altes Rathaus Eschenau). Im Jahr 1910 fiel der Entschluss seitens der evangelischen Kirchengemeinde ein neues Pfarrhaus zu bauen. Somit stand ihr 1876 erworbenes Eigentum am Amtshaus, nämlich das zweite Stockwerk und das Dachgeschoss, zum Verkauf. Am 22. Januar 1910 hatte der Gemeinderat darüber zu entscheiden, ob er für oder gegen den Kauf der von der Kirchengemeinde angebotenen Räumlichkeiten sei. Welche Beweggründe den Gemeinderat dazu veranlassten einen Kauf abzulehnen, kann heute nur vage nachvollzogen werden. Jedenfalls war für Schultheiß Stoewe das Maß voll. Er hatte schon Jahre zuvor versucht eine Lösung zu finden um die Raumsituation in dem viel zu engen und veralteten Rathaus an der unteren Schlossmauer zu ändern. Mit sofortiger Wirkung reichte der eigentlich auf Lebenszeit gewählte Carl Stoewe seinen Rücktritt beim Oberamt Weinsberg ein. Oberamtmann Karl Eisele sah sich dadurch veranlasst diesen Vorgang nicht auf sich beruhen zu lassen. Zwei Wochen später gelang es ihm, die bisher sturköpfigen Gemeinderäte von der Richtigkeit dieses Grunderwerbs zu überzeugen. Der Kauf wurde für 20 000 Goldmark abgewickelt. Schultheiß Stoewe sah darauf hin von seinem Rücktritt ab. Immerhin war er danach noch 18 Jahre als Schultheiß in Eschenau tätig. Nach Umbauarbeiten erfolgte der Umzug in das frühere Amtshaus noch im Jahre 1911.
Von 1911 bis zur Gemeindereform 1972 befand sich nun im ersten Stock des Gebäudes der Sitz der Eschenauer Gemeindeverwaltung. Seit 1972 werden die Räume von der Ortschaftsverwaltung und den Ortsvorsteher/innen genutzt. Letzter Bürgermeister während der Selbständigkeit des Ortes war Horst Finkbeiner (1964 bis 1972). Anschließend übter er als Bürgemeister der neugegründeten Gemeinde Obersulm dieses Amt bis Oktober 1988 aus.
In den beiden oberen Stockwerken waren bis in die 1960er Jahre die Wohnung des jeweiligen Bürgermeisters sowie teilweise weitere Dienstwohnungen untergebracht. Heute sind es reine Mietwohnungen.