Sehenswertes in Eschenau

Alte Keltern in Eschenau

Kirchgasse 6, Obersulm-Eschenau

Der Weinbau, in Eschenau seit dem 13. Jahrhundert urkundlich nachweisbar, ist bis heute eine der wichtigsten Einnahmequellen für die Landwirtschaft.
Schon im Mittelalter (1302) findet sich im Ort eine dem Klosterhof Lichtenstern gehörige Kelter.
1315 und 1354 wird im Ort eine Kelter des Craft von Eschenawe erwähnt. Später erbauten die Freiherren von Gemmingen die "Obere Kelter" (1579) und die "Untere Kelter"(1604). Die früheren Ortsherren kelterten dort ihre eigenen Weine, vor allem aber waren die Keltern Sammelort für die Zehntabgabe, den sog. "Weinzehnten". Jeder Weinbergbesitzer war durch den "Kelterbann" verpflichtet, in der für den jeweiligen Weinberg zugeordneten Kelter der Ortsherrschaft zu keltern. Auf Grund und Boden liegenden Lasten zu Gunsten der Ortsherren wurden 1848 gesetzlich beseitigt und der damalige Freiherr von Hügel verkaufte die beiden Keltern an die Gemeinde Eschenau. Bis zum Umzug in ein eigenes Gebäude im Jahr 1950 nutzte die Weingärtnergenossenschaft Eschenau die "Obere Kelter". Das Gebäude wurde dann dem Kleintierzuchtverein zur Nutzung überlassen. 1967 endete dann auch der Kelterbetrieb in der "Unteren Kelter". Nach einem anschließenden Teilabbruch und Umnutzung für den Gemeindebauhof wurde dieses Gebäude im Zuge der Ortskernsanierung 1998 endgültig abgebrochen.

Zeittafel

1302   Erwähnung einer Kelter in Eschenau im Besitz des Klosters Lichtenstern

1579   Bau der "Oberen Kelter" durch die Freiherren von Gemmingen

1604   Bau der "Unteren Kelter" durch die Freiherren von Gemmingen

1650   Hinweis  auf drei Keltern in Eschenau  in einem Vertrag zwischen den Herren von Gemmingen und Friedrich Moser von Filseck

1796   Neue Herbst- und Kelterordnung

1848   Gesetz zur Beseitigung der auf dem Grund und Boden liegenden Lasten

1851   Verkauf der beiden Keltern durch Freiherr Albert von Hügel für 350 fl (Gulden) an die Gemeinde Eschenau 

1947   Gründung der Weingärtnergenossenschaft Eschenau

1950   Ende des Kelterbetriebs in der "Oberen Kelter", da die Genossenschaft ein eigenes Gebäude mit Keller erwarb

1950   Verpachtung der "Oberen Kelter" an den Kleintierzuchtverein

1967   Ende des Kelterbetriebs in der "Unteren Kelter"

1967/68 Teilweiser Abbruch der "Unteren Kelter"und Umbau für Bauhofnutzung

1998    Endgültiger  Abbruch der "Unteren Kelter"

Keltergebäude (Obere Kelter)

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Obere Kelter Eschenau
Obere Kelter Eschenau

Bereits im Jahr 1271 wird der Weinbau in Eschenau urkundlich erwähnt und 1302 befand sich im Ort eine Kelter, die im Besitz des Klosters Lichtenstern stand. 1650 heißt es in einem Kaufvertrag  zwischen den Brüdern Wolff-Friedrich und Weirich von Gemingen und dem Käufer Generalmajor Friedrich Moser von Filseck "Keltern drei hat es, der Herrschaft angehörig, darin Gefälle drei Keltereich". Der Standort von zwei dieser Keltern ist uns bis heute bekannt, die sogenannte "Obere Kelter und die "Untere Kelter". Die Einnahmen aus dem "Weinzehneten" (s.w.u.) waren für die Ortsherren in einer Weinbaugemeinde wie Eschenau sicherlich eine der wichtigsten Einnahmequellen.

Die "Obere Kelter"

Kelternutzung

Diese Kelter wurde 1579 von den Freiherren von Gemmingen erbaut. Erstaunlich erscheint die bauliche Nähe zu der heutigen Kirche und den sie damals umgebenden Kirchhof (Friedhof). Die Bedeutung dieser Kelter lässt sich daran erkennen, dass der Bau in seinen Aus,maßen nach dem Schloss damals der größte in der Ortschaft war. Die aus Bruchsteinen bestehenden Sandsteinmauern sind teilweise 6 m hoch. Das ca. 20 m lange und 15 m breite Gebäude wird von einem hohen Walmdach bedeckt. Die riesigen Außenmauern sind von insgesamt 6 zweiflügeligen Holztoren durchbrochen. Eine Rarität zeigt sich bei den Türangeln, an denen die rundbogigen Türflügel eingehängt sind. Aus Sandstein behauen, haben sie jetzt im Jahr 2024 445 Jahre überstanden. Das Baujahr 1579 ist gut leserlich über dem Kopfstein eingehauen.

Der die Kelter damals noch umgebende Begräbnisplatz wurde 38 Jahre später 1617 an seinen heutigen Platz am Ortsausgang Richtung Affaltrach verlegt.

Die Kelter wurde mit vier "Bäumen" > "Kelterbäumen" > Pressen ausgestattet (Torkelpressen). Diese Torkelpressen leisteten rund 342 Jahre lang ihre Dienste, bis 1921 die erste hydraulische Presse angeschafft wurde.

Nach dem Keltern wurde der Wein nach kurzem Verbleib in der Kelter an die Weinkäufer und Weinhändler verkauft. Wie in der gesamten Menschheit gab es unter diesen Händlern rechte und schlechte. Oftmals nahmen die Herren ihr zunächst gemachtes Versprechen bezüglich des ausgemachten Preises im Folgejahr nicht mehr so genau. Auszahlungen erfolgten zumeist in Raten. Beim nächsten Weinhandel kam es oft zu heftigen Streitereien bis hin zur Androhung von Schlägen und Schlimmerem.

1947 fanden 13 Weingärtner den Mut und gründeten eine Genossenschaft, um diesem Missstand Abhilfe zu schaffen. Die Trauben wurden aber nach wie vor in der Kelter gepresst. Lediglich der Wein wurde in einem nahegelegenen Keller zu Ausbau und Flaschenabfüllung gebracht. 1950 konnte die Genossenschaft ein eigenes Gebäude mit Keller erwerben. Ab diesem Zeitpunkt fand kein Kelterbetrieb mehr in der "Oberen Kelter" statt.

Vereinsnutzung

Für den Kleintierzuchtverein von Eschenau, der schon seit 1930 existierte, war das die Gelegenheit, das Gebäude für seine jährlich zweimaligen Ausstellungen anzumieten. In mühevoller Freizeitarbeit wurde im Innern der Kelter ein passabler Ausstellungsraum geschaffen. Dort konnten in den folgenden Jahrzehnten oftmals bei Ausstellungen Tiere besichtigt werden, die erste Plätze bei deutschen Meisteschaften belegten.

Keltergebäude ("Untere Kelter" - 1998 abgebrochen)

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Untere Kelter Eschenau
Untere Kelter Eschenau

Schon 1604 - nur 25 Jahre nach dem Bau der "Oberen Kelter" - musste man zu der Feststellung gelangt sein, dass die Kelter zu klein und zu beengt war. Ein weiterer Kelterbau wurde von der Ortsherrschaft, den Herren von Gemmingen, beschlossen. Die sogenannte "Untere Kelter" wurde erbaut.

Die Bauform dieser Kelter unterschied sich von der oberen völlig; ein eher rechteckiger Bau mit etwas über 30 m Länge und 15 m Breite. Die Seitenwände waren sehr nieder, knapp 3 m hoch und auch aus Bruchsteinen gemauert. Die beiden großen Giebel waren als Fachwerk ausgeführt. Das Satteldach war zuletzt mit einer einfachen Biberschwanzdeckung versehen. Drei breite Eingangstore führten ins Innere des Gebäudes. Durch die wenigen und sehr kleinen Fenster war der Innenraum sehr dunkel. Die Kelter lag so nahe an der Kirche, dass ein Durchgang zwischen ihrem Nordgiebel und dem Kirchenschiff nur zu Fuß möglich war. Die Kelter wurde mit zwei "Bäumen" > "Kelterbäumen" > Pressen ausgestattet (Torkelpressen). Während in der "Oberen Kelter"  wegen des Umzugs der Weingärtnergenossenschaft im Jahr 1950 in ihr eigenes Gebäude der Kelterbetrieb eingestellt worden war, blieb in der "Unteren Kelter" der Kelterbetrieb bis 1967 weiter aufrecht erhalten. Es waren ja  nicht alle Weingärtner Mitglied der Genossenschaft geworden. Außerdem konnte jedermann gegen Gebühr dort seine Berggölten und Bütten übers Jahr aufbewahren.

1965 wurde der schmale Durchgang zwischen der Kirche und dem Keltergebäude verbreitert. Dazu wurde die Nordostecke des Gebäudes bis zu einer lichten Höhe von rund 2,75 m abgeschrägt. Wenige Jahre später wurde das Keltergebäude auf der Nordseite um ca. 15 m auf die Hälfte der ursprünglichen Größe verkleinert und ein neuer Giebel hochgezogen. Danach nutze es die Gemeinde als Lager und Unterstellmöglichkeit für den Bauhof. Im Zuge der Ortskernsanierung erfolgte 1998 dann der endgültige Abbbruch und es entstand ein schönes Blickfeld auf die nun freistehende Kirche und die "Obere Kelter". Außerdem wurde ein ansprechend gestalteter Kirchenvorplatz geschaffen. Durch die Initiative vom Eschenauer Ortschaftsrat und von verschiedenen Gemeinderäten mit Sinn für einen historisch schönen Ortskern konnte eine Überbauung einer an den Kirchplatz angrenzenden Restfläche verhindert werden.

Weinbau/Weinzehnter/Kelterzwang/Kelterordnung

Weinpresse (Torkelpresse)
Weinpresse (Torkelpresse)

Weinbau

Der Weinbau dürfte bereits mit den Römern in unserer Gegend Fuß gefasst haben.

Urkundlich erwähnt wird der Weinbau 

1257 für Willsbach

1262 für Affaltrach 

1271 für Eschenau

1274 für Eichelberg und Weiler

1345 für Sülzbach

Der Wein war ein sehr begehrtes Handelsgut. So vergrößerte sich die Weinbaufläche im Laufe der Jahrhunderte wesentlich. Während des Dreißigjährigen Kriegs verödeten viele Flächen und danach erholte sich der Weinbau nur langsam. Bis ins 20.Jahrhundert gab es ein stetiges auf und ab der Rebflächen. 

 RebflächeRebfläche
 heutige Gemarkung Obersulm

davon Eschenau

Beschreibung des Oberamts Weinsberg von

1861

440 ha95 ha
Weinbaustatistik 2021376 ha54 ha

Weinzehnter / Kelterzwang / Kelterordnung / Zehntablösung

Vom Mittelalter bis ins 19. Jahrhundert waren die verschiedenen Adelsgeschlechter in Eschenau auch die Grundherren. Soweit sie ihren Besitz nicht selbst bewirtschafteten, standen ihnen als Abgaben zum einen, dem geringeren Teil, der Gundzins/die Gült (ähnlich dem heutigen Pachtzins) zum anderen, dem wesentlich größeren Teil, die jährlichen "Gefälle" (der "Zehnte") zu. Neben dem Großen Zehnten (dem Fruchtzehnten > Korn > Weizen, Hafer) und dem Kleinen Zehnten (Heu, Flachs, Rüben usw. oder auch Hühner) brachte vor allem der Weinzehnte gute Einkünfte. Außer der Grundherrschaft erhielten u.a. das  Kloster Lichtenstern, die örtliche Pfarrei (Heiligenpflege) und vor allem die Freiherrn von und zu Weiler Einnahmen aus Grundzins und Gefälle. Die Abgaben ruhten als Last auf dem jeweiligen Grundstück. Für den Weinzehnten musste der gesamte Ertrag der Weinberge im Herbst zu den jeweiligen herrschaftlichen Keltern gebracht werden, andernfalls drohten hohe Strafen (Kelterzwang). So mussten z.B. die Weintrauben aus der Weinlage "Paradies" nicht in die Eschenauer Keltern, sondern in die früher am Fuße des Hundsbergs zwischen Eichelberg und Eschenau liegende Kelter der Herren von Weiler gebracht werden. Deren Zehntrechte erstreckten sich vorwiegend auf den südlichen Teil der Eschenauer Gemarkung.

Die Berechnung der Weinzehnten erfolgte nach besonderen Weinmaßen. Bis 1806 galt außerhalb der württembergischen Dörfer in der Regel das "Heilbronner Maß" und bis zur Ablösung des Weinzehnten das "württembergisches Maß".

Württembergisches Maß: 1 Eimer > ca. 300  l > 16 Imi >; 1 Imi > ca. 18,7 l; 1 Imi enthielt 10 Maß > 1 Maß > 1,87 l.

Akribisch wurde darauf geachtet, dass der Weinzehnte, die siebte Maß der gekelterten Weinmostmenge, auch abgeführt wurde. Im praktischen Ablauf bedeutet das, dass nach sechs Maß (10,8 lLiter) die siebte Maß (1,8 Liter) in das Sammelfass der jeweils zehnberechtigten Herrschaft verbracht wurde. Es durfte nur Wein vom "Absäßet", also beste Qualität abgeliefert werden, wie in der Kelterordnung vermerkt ist. Dass alle Regeln eingehalten wurden, dafür sorgten die von der Herrschaft gestellten Keltermänner (Kelterknechte) und vor allem der Kelterschreiber. Dieses so wichtige Amt wurde von keinem geringeren als dem herrschaftlichen Amtmann besetzt. Heute würde man sagen "Finanzamt vor Ort". 

Im Jahr 1796 erneuerte der bei den Herren von Killinger eingesetzte Amtmann Benedikt Schlegel eine schon seit dem 16. Jahrhundert vorhandene Herbst- und Kelterordnung, nachdem der alten Ordnung "öfters nicht nachgelebt worden" war. Die neue Herbst- und Kelterordnung umfasste 30 Regeln, bei deren Nicheinhaltung wurde jeweils ein Strafmaß festgelegt, in der Regel 10 fl. (Gulden) und ein Aufenthalt im Turm (Gefängnisraum unter dem Schlossturm). Eine Regel lautete zum Beispiel: "Welcher bei Nacht in der Kelter nichts zu schaffen, er sei heimisch oder fremd und ergriffen wird, der soll gnädiger Herrschaft mit 10 fl (Gulden) Straf verfallen und dazu einen Monat lang unnachlässig mit dem Turm bestraft werden." Wie oft der Turm wegen Verstoßes gegen diese Ordnungsmaßnahmen in den Folgejahren belegt wurde, ist schwerlich nachzuvollziehen.

Durch das Grundlast-Ablösungsgesetz für das Königreich Württemberg vom 14. April 1848 wurden alle aus dem Lehens- und Grundherrlichkeitsverband (Feudalherrschaft) herrührenden bäuerlichen Lasten beseitigt. Für die aufzuhebenden Gefälle (u.a. der Weinzehnte) wurden die seither Berechtigten durch Geldleistungen entschädigt. Die Ablösebeträge wurden im Gesetz festgelegt und konnten von den Bauern und Weingärtnern auch in Ratenzahlung von bis zu 25 Jahren abbezahlt werden. Es gab auch die Möglichkeit, dass die Ablösung von der Gemeinde übernommen wurde, die dann die Ablösungsbeträge mit ihren Bürgern abgerechnet hat. Eschenau machte hiervon Gebrauch.

Die Gemeinde erwarb auf 1. Januar 1850 die beiden im Besitz des Feiherrn Albert von Hügel befindlichen Keltern für den Kaufpreis von 350 fl. (Gulden). Bedingung dafür war, dass der Weinzehnte ebenfalls sofort und in bar durch die Gemeinde abzulösen war.

Artikel in Fließtext als pdf-Datei (Weber, Gernot 2022)


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