Eigenen Rundgang planen
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Kirchgasse 6, Obersulm-Eschenau
1302 Erwähnung einer Kelter in Eschenau im Besitz des Klosters Lichtenstern
1579 Bau der "Oberen Kelter" durch die Freiherren von Gemmingen
1604 Bau der "Unteren Kelter" durch die Freiherren von Gemmingen
1650 Hinweis auf drei Keltern in Eschenau in einem Vertrag zwischen den Herren von Gemmingen und Friedrich Moser von Filseck
1796 Neue Herbst- und Kelterordnung
1848 Gesetz zur Beseitigung der auf dem Grund und Boden liegenden Lasten
1851 Verkauf der beiden Keltern durch Freiherr Albert von Hügel für 350 fl (Gulden) an die Gemeinde Eschenau
1947 Gründung der Weingärtnergenossenschaft Eschenau
1950 Ende des Kelterbetriebs in der "Oberen Kelter", da die Genossenschaft ein eigenes Gebäude mit Keller erwarb
1950 Verpachtung der "Oberen Kelter" an den Kleintierzuchtverein
1967 Ende des Kelterbetriebs in der "Unteren Kelter"
1967/68 Teilweiser Abbruch der "Unteren Kelter"und Umbau für Bauhofnutzung
1998 Endgültiger Abbruch der "Unteren Kelter"
Bereits im Jahr 1271 wird der Weinbau in Eschenau urkundlich erwähnt und 1302 befand sich im Ort eine Kelter, die im Besitz des Klosters Lichtenstern stand. 1650 heißt es in einem Kaufvertrag zwischen den Brüdern Wolff-Friedrich und Weirich von Gemingen und dem Käufer Generalmajor Friedrich Moser von Filseck "Keltern drei hat es, der Herrschaft angehörig, darin Gefälle drei Keltereich". Der Standort von zwei dieser Keltern ist uns bis heute bekannt, die sogenannte "Obere Kelter und die "Untere Kelter". Die Einnahmen aus dem "Weinzehneten" (s.w.u.) waren für die Ortsherren in einer Weinbaugemeinde wie Eschenau sicherlich eine der wichtigsten Einnahmequellen.
Die "Obere Kelter"
Kelternutzung
Diese Kelter wurde 1579 von den Freiherren von Gemmingen erbaut. Erstaunlich erscheint die bauliche Nähe zu der heutigen Kirche und den sie damals umgebenden Kirchhof (Friedhof). Die Bedeutung dieser Kelter lässt sich daran erkennen, dass der Bau in seinen Aus,maßen nach dem Schloss damals der größte in der Ortschaft war. Die aus Bruchsteinen bestehenden Sandsteinmauern sind teilweise 6 m hoch. Das ca. 20 m lange und 15 m breite Gebäude wird von einem hohen Walmdach bedeckt. Die riesigen Außenmauern sind von insgesamt 6 zweiflügeligen Holztoren durchbrochen. Eine Rarität zeigt sich bei den Türangeln, an denen die rundbogigen Türflügel eingehängt sind. Aus Sandstein behauen, haben sie jetzt im Jahr 2024 445 Jahre überstanden. Das Baujahr 1579 ist gut leserlich über dem Kopfstein eingehauen.
Der die Kelter damals noch umgebende Begräbnisplatz wurde 38 Jahre später 1617 an seinen heutigen Platz am Ortsausgang Richtung Affaltrach verlegt.
Die Kelter wurde mit vier "Bäumen" > "Kelterbäumen" > Pressen ausgestattet (Torkelpressen). Diese Torkelpressen leisteten rund 342 Jahre lang ihre Dienste, bis 1921 die erste hydraulische Presse angeschafft wurde.
Nach dem Keltern wurde der Wein nach kurzem Verbleib in der Kelter an die Weinkäufer und Weinhändler verkauft. Wie in der gesamten Menschheit gab es unter diesen Händlern rechte und schlechte. Oftmals nahmen die Herren ihr zunächst gemachtes Versprechen bezüglich des ausgemachten Preises im Folgejahr nicht mehr so genau. Auszahlungen erfolgten zumeist in Raten. Beim nächsten Weinhandel kam es oft zu heftigen Streitereien bis hin zur Androhung von Schlägen und Schlimmerem.
1947 fanden 13 Weingärtner den Mut und gründeten eine Genossenschaft, um diesem Missstand Abhilfe zu schaffen. Die Trauben wurden aber nach wie vor in der Kelter gepresst. Lediglich der Wein wurde in einem nahegelegenen Keller zu Ausbau und Flaschenabfüllung gebracht. 1950 konnte die Genossenschaft ein eigenes Gebäude mit Keller erwerben. Ab diesem Zeitpunkt fand kein Kelterbetrieb mehr in der "Oberen Kelter" statt.
Vereinsnutzung
Für den Kleintierzuchtverein von Eschenau, der schon seit 1930 existierte, war das die Gelegenheit, das Gebäude für seine jährlich zweimaligen Ausstellungen anzumieten. In mühevoller Freizeitarbeit wurde im Innern der Kelter ein passabler Ausstellungsraum geschaffen. Dort konnten in den folgenden Jahrzehnten oftmals bei Ausstellungen Tiere besichtigt werden, die erste Plätze bei deutschen Meisteschaften belegten.
Schon 1604 - nur 25 Jahre nach dem Bau der "Oberen Kelter" - musste man zu der Feststellung gelangt sein, dass die Kelter zu klein und zu beengt war. Ein weiterer Kelterbau wurde von der Ortsherrschaft, den Herren von Gemmingen, beschlossen. Die sogenannte "Untere Kelter" wurde erbaut.
Die Bauform dieser Kelter unterschied sich von der oberen völlig; ein eher rechteckiger Bau mit etwas über 30 m Länge und 15 m Breite. Die Seitenwände waren sehr nieder, knapp 3 m hoch und auch aus Bruchsteinen gemauert. Die beiden großen Giebel waren als Fachwerk ausgeführt. Das Satteldach war zuletzt mit einer einfachen Biberschwanzdeckung versehen. Drei breite Eingangstore führten ins Innere des Gebäudes. Durch die wenigen und sehr kleinen Fenster war der Innenraum sehr dunkel. Die Kelter lag so nahe an der Kirche, dass ein Durchgang zwischen ihrem Nordgiebel und dem Kirchenschiff nur zu Fuß möglich war. Die Kelter wurde mit zwei "Bäumen" > "Kelterbäumen" > Pressen ausgestattet (Torkelpressen). Während in der "Oberen Kelter" wegen des Umzugs der Weingärtnergenossenschaft im Jahr 1950 in ihr eigenes Gebäude der Kelterbetrieb eingestellt worden war, blieb in der "Unteren Kelter" der Kelterbetrieb bis 1967 weiter aufrecht erhalten. Es waren ja nicht alle Weingärtner Mitglied der Genossenschaft geworden. Außerdem konnte jedermann gegen Gebühr dort seine Berggölten und Bütten übers Jahr aufbewahren.
1965 wurde der schmale Durchgang zwischen der Kirche und dem Keltergebäude verbreitert. Dazu wurde die Nordostecke des Gebäudes bis zu einer lichten Höhe von rund 2,75 m abgeschrägt. Wenige Jahre später wurde das Keltergebäude auf der Nordseite um ca. 15 m auf die Hälfte der ursprünglichen Größe verkleinert und ein neuer Giebel hochgezogen. Danach nutze es die Gemeinde als Lager und Unterstellmöglichkeit für den Bauhof. Im Zuge der Ortskernsanierung erfolgte 1998 dann der endgültige Abbbruch und es entstand ein schönes Blickfeld auf die nun freistehende Kirche und die "Obere Kelter". Außerdem wurde ein ansprechend gestalteter Kirchenvorplatz geschaffen. Durch die Initiative vom Eschenauer Ortschaftsrat und von verschiedenen Gemeinderäten mit Sinn für einen historisch schönen Ortskern konnte eine Überbauung einer an den Kirchplatz angrenzenden Restfläche verhindert werden.
Weinbau
Der Weinbau dürfte bereits mit den Römern in unserer Gegend Fuß gefasst haben.
Urkundlich erwähnt wird der Weinbau
1257 für Willsbach
1262 für Affaltrach
1271 für Eschenau
1274 für Eichelberg und Weiler
1345 für Sülzbach
Der Wein war ein sehr begehrtes Handelsgut. So vergrößerte sich die Weinbaufläche im Laufe der Jahrhunderte wesentlich. Während des Dreißigjährigen Kriegs verödeten viele Flächen und danach erholte sich der Weinbau nur langsam. Bis ins 20.Jahrhundert gab es ein stetiges auf und ab der Rebflächen.
Rebfläche | Rebfläche | |
heutige Gemarkung Obersulm | davon Eschenau | |
Beschreibung des Oberamts Weinsberg von 1861 | 440 ha | 95 ha |
Weinbaustatistik 2021 | 376 ha | 54 ha |
Weinzehnter / Kelterzwang / Kelterordnung / Zehntablösung
Vom Mittelalter bis ins 19. Jahrhundert waren die verschiedenen Adelsgeschlechter in Eschenau auch die Grundherren. Soweit sie ihren Besitz nicht selbst bewirtschafteten, standen ihnen als Abgaben zum einen, dem geringeren Teil, der Gundzins/die Gült (ähnlich dem heutigen Pachtzins) zum anderen, dem wesentlich größeren Teil, die jährlichen "Gefälle" (der "Zehnte") zu. Neben dem Großen Zehnten (dem Fruchtzehnten > Korn > Weizen, Hafer) und dem Kleinen Zehnten (Heu, Flachs, Rüben usw. oder auch Hühner) brachte vor allem der Weinzehnte gute Einkünfte. Außer der Grundherrschaft erhielten u.a. das Kloster Lichtenstern, die örtliche Pfarrei (Heiligenpflege) und vor allem die Freiherrn von und zu Weiler Einnahmen aus Grundzins und Gefälle. Die Abgaben ruhten als Last auf dem jeweiligen Grundstück. Für den Weinzehnten musste der gesamte Ertrag der Weinberge im Herbst zu den jeweiligen herrschaftlichen Keltern gebracht werden, andernfalls drohten hohe Strafen (Kelterzwang). So mussten z.B. die Weintrauben aus der Weinlage "Paradies" nicht in die Eschenauer Keltern, sondern in die früher am Fuße des Hundsbergs zwischen Eichelberg und Eschenau liegende Kelter der Herren von Weiler gebracht werden. Deren Zehntrechte erstreckten sich vorwiegend auf den südlichen Teil der Eschenauer Gemarkung.
Die Berechnung der Weinzehnten erfolgte nach besonderen Weinmaßen. Bis 1806 galt außerhalb der württembergischen Dörfer in der Regel das "Heilbronner Maß" und bis zur Ablösung des Weinzehnten das "württembergisches Maß".
Württembergisches Maß: 1 Eimer > ca. 300 l > 16 Imi >; 1 Imi > ca. 18,7 l; 1 Imi enthielt 10 Maß > 1 Maß > 1,87 l.
Akribisch wurde darauf geachtet, dass der Weinzehnte, die siebte Maß der gekelterten Weinmostmenge, auch abgeführt wurde. Im praktischen Ablauf bedeutet das, dass nach sechs Maß (10,8 lLiter) die siebte Maß (1,8 Liter) in das Sammelfass der jeweils zehnberechtigten Herrschaft verbracht wurde. Es durfte nur Wein vom "Absäßet", also beste Qualität abgeliefert werden, wie in der Kelterordnung vermerkt ist. Dass alle Regeln eingehalten wurden, dafür sorgten die von der Herrschaft gestellten Keltermänner (Kelterknechte) und vor allem der Kelterschreiber. Dieses so wichtige Amt wurde von keinem geringeren als dem herrschaftlichen Amtmann besetzt. Heute würde man sagen "Finanzamt vor Ort".
Im Jahr 1796 erneuerte der bei den Herren von Killinger eingesetzte Amtmann Benedikt Schlegel eine schon seit dem 16. Jahrhundert vorhandene Herbst- und Kelterordnung, nachdem der alten Ordnung "öfters nicht nachgelebt worden" war. Die neue Herbst- und Kelterordnung umfasste 30 Regeln, bei deren Nicheinhaltung wurde jeweils ein Strafmaß festgelegt, in der Regel 10 fl. (Gulden) und ein Aufenthalt im Turm (Gefängnisraum unter dem Schlossturm). Eine Regel lautete zum Beispiel: "Welcher bei Nacht in der Kelter nichts zu schaffen, er sei heimisch oder fremd und ergriffen wird, der soll gnädiger Herrschaft mit 10 fl (Gulden) Straf verfallen und dazu einen Monat lang unnachlässig mit dem Turm bestraft werden." Wie oft der Turm wegen Verstoßes gegen diese Ordnungsmaßnahmen in den Folgejahren belegt wurde, ist schwerlich nachzuvollziehen.
Durch das Grundlast-Ablösungsgesetz für das Königreich Württemberg vom 14. April 1848 wurden alle aus dem Lehens- und Grundherrlichkeitsverband (Feudalherrschaft) herrührenden bäuerlichen Lasten beseitigt. Für die aufzuhebenden Gefälle (u.a. der Weinzehnte) wurden die seither Berechtigten durch Geldleistungen entschädigt. Die Ablösebeträge wurden im Gesetz festgelegt und konnten von den Bauern und Weingärtnern auch in Ratenzahlung von bis zu 25 Jahren abbezahlt werden. Es gab auch die Möglichkeit, dass die Ablösung von der Gemeinde übernommen wurde, die dann die Ablösungsbeträge mit ihren Bürgern abgerechnet hat. Eschenau machte hiervon Gebrauch.
Die Gemeinde erwarb auf 1. Januar 1850 die beiden im Besitz des Feiherrn Albert von Hügel befindlichen Keltern für den Kaufpreis von 350 fl. (Gulden). Bedingung dafür war, dass der Weinzehnte ebenfalls sofort und in bar durch die Gemeinde abzulösen war.