Rundgang Affaltrach
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Schulgasse, Obersulm-Affaltrach
Die Pläne für den Bau der Kirche fertigte Architekt Richard Raisch aus Spaichingen/Stuttgart an. Für den Rohbau wurden Gesamtkosten von 36.000 Mark veranschlagt. Sammlungen und Zuwendungen des bischöflichen Ordinariats aus Rottenburg stellten die Finanzierung sicher.
Zum Zeitpunkt der Grundsteinlegung „standen die Kirchenmauern teilweise schon über 2m hoch“, berichtete am 12. September 1898 die katholische Zeitung „Der Ipf“. Weiter war darin zu lesen: „Ein stattlicher Prozessionszug mit fünf Geistlichen und Vertretern der evangelischen und jüdischen Gemeinde bewegte sich am 8. September von der bisherigen Simultankirche zum neuen Kirchplatz“. Darunter auch der „Bauherr“ der Kirche, Pfarrer Maximilian Kneer, der der katholischen Pfarrgemeinde von 1894 bis 1903 vorstand.
Auch zur Weihe der drei Glocken am 18. Oktober 1899 zog die ganze katholische Gemeinde in einer feierlichen Prozession von der Simultankirche in die neue Kirche. Neun auswärtige Geistliche nahmen daran teil, darunter Pfarrer Mack aus Binswangen, der die Predigt und die Weihrede hielt.
Die feierliche Weihe der Kirche (Konsekration) fand am 28.Oktober 1899 durch Bischof Dr. Paul Wilhelm von Keppler statt. Der ganze Ort war an diesem Tag geschmückt. In einem Festzug mit Kreuz, Fahnen, Schulkindern, Geistlichen und Bischof zog die Gemeinde um 8 Uhr morgens von der alten zur neuen Kirche. Den Abschluss der dreistündigen Feierlichkeiten bildete ein Festessen im „Löwen“ mit Reden und Dankesworten an „Förderer, Gönner und Wohltäter des Kirchenbaus“ („Deutsches Volksblatt“ vom 31.Oktober 1899)
Die Orgelweihe am 29. November 1899 schloss das Jahr der Kirchweihe ab. Die Orgel mit acht Registern und zwei Manualen stammt von Orgelbauer Späth aus Ennetach. Sie wurde in den ersten Jahrzehnten mit menschlicher Kraft betrieben. Ein „Orgeltreter“ wurde eigens mit einem Jahreslohn von 15 Mark und 3 Pfenning dafür angestellt. Erst 1936 wurde der Betrieb der Orgel elektrifiziert.
1957 nahm Pfarrer Holz eine erste Renovierung des Innenraums vor: Der Hochaltar wurde zu einem einfacheren Altartisch mit Tabernakel umgestaltet, die Gemälde im Chorraum, auf dem Chorbogen und über den Seitenaltären mit weißer Farbe übermalt, die Wände hell getüncht. Anstelle des linken Seitenaltars installierte man eine Kanzel. Der Beichtstuhl wurde nach hinten unter den Choraufgang versetzt.
1959 wurde die Orgel überholt, auf zwölf Register erweitert und damit klanglich optimiert.
1960 erfolgte die Elektrifizierung des Geläutes. Nach der letzten Läutefamilie Schlereth hatte man keine Nachfolger gefunden.
1962 wurde der Innenraum zum zweiten Mal renoviert, ebenfalls unter Pfarrer Holz: Der Altartisch wurde nun ganz durch einen einfacheren Tisch ersetzt (Mensa). Die umgestaltete Kanzel fand einen neuen Platz im Chorraum.
1976 ließ Pfarrer Ruf ornamental verglaste Fenster im Chorraum einbauen. Sie ersetzten die bleiverglasten Fenster.
1984 wurde der Chorraum erneut umgestaltet.
1985 nahm Pfarrer Lachner eine umfassende Neugestaltung des Innenraums vor. Dieser letzte Renovierungsschritt ging über zwei Jahre und führte zur heutigen Ausgestaltung der Kirche. Unter Federführung des Wimmentaler Architekten Hugo Baum und des Restaurators Norbert Eckert aus Bad Mergentheim sollte dem Gotteshaus seine „ursprüngliche Harmonie und Ausstrahlung zurückgegeben werden“. Die Chorfenster erhielten wieder Grau- und Weißtöne, ein neues Kreuz und der umgebaute Altar rückten in die Mitte des Chorraums. Für den Altartisch wurde der vorgegebene Stein umgearbeitet und mit Bronze kombiniert. Die Renovierungskosten in Höhe von 600.000 DM konnten durch den Verkauf des katholischen Pfarrhauses an die evangelische Gemeinde, Spenden, Zuschüsse und die Eigenleistung freiwilliger Helfer finanziert werden. Nach Abschluss der Renovierungsarbeiten wurde die Kirche am 22.Februar 1987 von Weihbischof Franz Josef Kuhnle geweiht.
Im März 1993 begannen unter Pfarrer Hermann Rupp die Planungen für die Außenrenovierung der Kirche. Schäden im Bereich des Turmes und dem Kirchengebäude mussten behoben, unterschiedliche Fugenbreiten korrigiert werden. 1996 waren die Arbeiten abgeschlossen. Die Kosten beliefen sich auf 700.000 DM. 45.000 davon mussten von der Pfarrei durch Spenden finanziert werden. Spender übernahmen die Kosten für einzelne Steine, die zwischen 150 und 250 DM lagen.
2009 erfolgte eine Generalüberholung der Orgel durch Orgelbaumeister Klaus Renach aus Lauffen.
2021 musste das Schieferdach der Turmes und der Dachstuhl saniert werden. Etliche Platten des Dachs hatten sich aufgelöst oder zeigten Fehlstellungen. Dadurch war Wasser eingedrungen. Das Gebälk des Dachstuhls wies außerdem einen Schädlingsbefall auf. Die Sanierungsarbeiten führten die Restauratoren und Zimmermeister Andreas Götz aus Affaltrach und Werner Horn aus Mulfingen durch. Das Turmdach wurde von der Willsbacher Firma Leinz neu eingedeckt. Die Kosten der Maßnahmen beliefen sich auf 141 000 Euro, die die Kirchengemeinde aus Eigenmitteln zu bestreiten hatte.
Die drei ursprünglichen Glocken der Kirche stammten aus der Gießerei der Firma Kiesel in Heilbronn. Sie waren der Gottesmutter Maria, dem hl. Antonius von Padua und dem Patron der Kirche, dem hl. Johann Baptist, geweiht. Zusammen wogen sie 14 Zentner.
Gegen Ende des Ersten Weltkriegs wurden Kirchenglocken beschlagnahmt. 1917 fasste die Kirchenpflege den Entschluss, die beiden größeren Glocken abzuliefern. Wie überall im Land wurden alle erdenklichen Metallgegenstände gesammelt, um sie der Rüstungsproduktion zuzuführen, so auch Kirchenglocken. Bei freiwilliger Abgabe wurde 1 Mark/kg bezahlt. Die Kirchengemeinde erhielt damals 4 Mark pro „Kilogramm Glocke“. Nach dem Krieg war der Wunsch groß, die Glocken wieder zu ersetzen. Das Geläute hatte doch „allzu traurig geklungen“. Bei dieser Anschaffung mussten nun allerdings 22 M pro kg Glockengut entrichtet werden. Die Pfarrgemeinde entschied sich für eine mittlere Glocke. Sie kostete 5632 Mark. Anfertigt wurde sie von der Firma Gebr. Bachert aus Kochendorf. Sie trug die Inschrift: „Der Krieg nahm mich, im Frieden kam ich, Maria zu Ehr´ läut´ ich“. Ab dem 18. September 1920 sorgte sie wieder für einen volleren Klang des Geläutes.
Während des Zweiten Weltkriegs wurde wieder eine der Glocken beschlagnahmt. Danach beschloss der Kirchengemeinderat, drei neue Glocken über die Glockengießerei A. Bachert aus Heilbronn anzuschaffen. Zur Finanzierung trugen ein überschriebener Nachlass der verstorbenen Witwe Marie Barth, geb. Wimmer, Haussammlungen sowie Stiftungen und Spenden aus dem In- und Ausland bei. Am Palmsonntag des Jahres 1953 nahm Abt Schmidt aus Bad Wimpfen die feierliche Weihe der neuen Glocken vor.
Beim Betreten der Kirche fällt der Blick auf den bewusst schlicht gehaltenen Chorraum. Dessen Rückwand wird vom Kreuz Christi beherrscht. Um die Wirkung des Gekreuzigten zu unterstreichen, wurde 1957 ein neuer Kreuzbalken angefertigt. Die Chorfenster sind in Weiß- und Grautönen gehalten. Die Verbleiungen im mittleren und unteren Bereich nehmen die Form des Metallrings am Kreuz auf. Glas und Bleiführung der Fenster sind so gestaltet, dass keine Blendwirkung für den Kirchenbesucher entsteht.
Das Tafelbild an der linken Seitenwand des Chorraums zeigt die Enthauptung Johannes des Täufers, des Schutzpatrons der Kirche. Herodes Antipas (27v. – 40 n.Chr.), Sohn Herodes des Großen, ließ diese durch einen Scharfrichter vornehmen, um dem Wunsch Salomes - der Tochter seiner zweiten Frau Herodias – zu entsprechen. Salome hatte auf Herodes Geburtstagsfest getanzt und dabei dem König so gefallen, dass er ihr versprach, jeden Wunsch zu erfüllen. Herodias, die Johannes hasste, veranlasste ihre Tochter, sich auf einer Schale das Haupt des Johannes zu wünschen. Der Blick durch das Gitter auf der linken Seite des Tafelbilds zeigt Salomes Tanz auf diesem Fest. Das Tafelbild gehörte ursprünglich zum Marienaltar der katholischen und evangelischen Pfarrkirche (Simultankirche, siehe diese).
Die Figurengruppe an der rechten Seitenwand zeigt Johannes den Täufer und die heilige Barbara. Beide Figuren sind aus Lindenholz gearbeitet und stammen ebenfalls aus dem Marienaltar der Simultankirche. Vertraglich standen sie den Katholiken zu, so dass diese sie in die neue Kirche mitnehmen konnten. Johannes gilt als „Vorläufer Christi“. Er taufte Jesus im Jordan. In der christlichen Kunst wird er als Asket und Bußprediger dargestellt. Auf dem linken Arm hält er das Lamm, auf das er mit dem rechten Zeigefinger hinweist. In Joh. 1, 29 heißt es: „Johannes sah Jesus auf sich zukommen und sagte: Seht, das Lamm Gottes, das die Sünde der Welt hinwegnimmt“. Erkennungszeichen der heiligen Barbara ist der Turm. Der Legende nach ließ ihr heidnischer Vater in seinem Haus im heutigen Izmir (Türkei) einen Turm bauen und seine Tochter darin einsperren. Damit wollte er verhindern, dass sie Christin wird. Schließlich soll sie der eigene Vater auf Befehl des Satthalters im Jahr 306 n.Chr. enthauptet haben. Beide Figuren weisen vermutlich auf eine Nürnberger Schule aus dem 15. Jahrhundert hin.
Der Altar ist als Tisch gestaltet. Die Bronzeplatte an der Vorderseite zeigt Christus in einer Mandorla, einem mandelförmigen Lichtschein, Symbol des göttlichen Lichts. Christus sitzt auf dem Richterstuhl, die rechte Hand erhoben, auf dem Schoß das Buch des Lebens, das identisch mit dem Lebensbaum ist und das Universum symbolisiert. Vier Engel umgeben Christus. Die Augen auf ihren Flügeln sollen die Allgegenwart und Allwissenheit Gottes ausdrücken.
Links vor dem Altar befindet sich der Ambo, ein erhöhter Ort, von dem aus Lesung, Predigt und Fürbitte gehalten wird. Vier Evangelisten halten das Buch mit den Evangelien (Evangeliar). Alle sind mit menschlichem Angesicht dargestellt. Darüber ist das Lesepult angebracht.
Die Marienstatue links des Chorraumes ist eine Nachbildung des Originals aus der Simultankirche, das Kunstsachverständige in die Zeit um 1460/70 datieren. Es wurde 1852 entwendet. Das Marienantlitz strahlt Würde, Freude und Vertrauen aus. Über einem braunroten Kleid trägt Maria einen goldenen Mantel. In der Bibel ist Gold eine heilige, göttliche Farbe. Ihre Krone zieren große und kleine Kreuzblumen, die biblisch für Ruhm, Ehre, Freude und königliche Würde stehen. Das Zepter, das sie in der rechten Hand hält, ist Zeichen dieser königlichen Würde. Auf dem linken Arm trägt sie das Jesuskind, das auf das Zepter zeigt. In der linken Hand hält es die Weltkugel, Symbol des göttlichen Reiches im Himmel und auf Erden und Sinnbild für Vollkommenheit und Allgegenwart Gottes.
Der achteckige Taufstein stammt aus dem Erbauungsjahr der Kirche (1899). Die Zahl acht steht für die Wiedergeburt durch die Taufe, die Auferstehung und das ewige Leben. Der Bronzedeckel zeigt die Taufe Jesu im Jordan durch Johannes. Die Taube, ein zentrales Motiv der frühchristlichen Kunst, steht für den Geist Gottes („Jesus sah den Geist Gottes wie eine Taube auf sich herabkommen“, Mt 2, 13-17). Die Hand ist Zeichen für das Eingreifen Gottes in das Geschehen.
Besonders kunstvoll gestaltet ist der Osterleuchter. Während der Osterzeit steht er mit der Osterkerze, dem Symbol des Lichts, neben dem Ambo.
Auf dem rechten Seitenaltar befindet sich der Tabernakel, in dem das heilige Brot aufbewahrt wird. Ursprünglich gehörte der Tabernakel zum Haupt- bzw. Hochaltar. Die heutige Platzierung nahm man vor, weil man der Meinung war, es entspräche dem Sinn der Eucharistiefeier mehr, wenn das heilige Brot nicht schon von Anfang an auf dem Altar gegenwärtig, sondern an einem hervorgehobenen Platz der Kirche aufgestellt ist. Vor dem Tabernakel brennt Tag und Nacht das Ewige Licht, Zeichen der Gegenwart Christi in der Gestalt des Brotes. Die Außenseiten, Fertiggusplatten aus Bronze, enthalten Auferstehungsmotive. Jesus ist immer mit dem Kreuznimbus (leuchtender Kreis mit Kreuz um das Haupt) dargestellt. Die Vorderseite zeigt die Begegnung zweier Jünger mit dem auferstandenen Jesus. Der Fisch auf dem Tisch zwischen den Figuren ist Symbol des Lebens und der Fruchtbarkeit, ein altes Sinnbild für das Wasser, in dem er lebt. Bezogen auf Christus ist er auch Symbol der geistlichen Nahrung und des eucharistischen Mahls. Deshalb wird der Fisch oft zusammen mit Brot abgebildet. Auf der rechten Seite erscheint der Auferstandene Maria aus Magdala. Der dargestellte Spaten deutet auf die in Joh 20, 11-18 erzählte Begebenheit: „Sie meinte den Gärtner zu sehen und fragte ihn, wohin er Jesus gelegt habe. Als sie sich umwandte, erkannte sie Jesus“. Die linke Seite zeigt die Auferweckung des Lazarus. Darüber ist das letzte Abendmahl Jesu mit seinen Jüngern zu sehen.
Das Ensemble Bronzeplatte des Altars, Ambo, Tabernakel, Tausteindeckel und Osterleuchter gestaltete der Bildhauer Sepp Baumhauer (1930 – 2011) aus Schwäbisch Gmünd. Seine Signatur befindet sich auf der linken Seite des Tabernakels.
Die Figuren über dem Tabernakel zeigen Maria und Johannes, Evangelist und Lieblingsjünger Jesu, unter dem Kreuz. Maria erhebt die Hände zum Gebet, eine Geste der Demut. Sie trägt ein blaues Kleid unter einem goldenen Mantel. Johannes, Sohn des Zebedäus und Bruder des Apostel Jakobus, hält in der Hand einen Stoffbeutel, in dem sich ein Buch befindet, ein Hinweis auf das von ihm verfasste Evangelium und/oder die Geheime Offenbarung (Apokalypse). Die Figuren gehörten vermutlich zu einem Flügelaltar in der Simultankirche. 1957 wurden sie restauriert.
Die Bilder an den Seitenwänden zeigen den Kreuzweg Jesu. Sie sind von Anfang an in dieser Kirche. Gestaltet hat sie der Kunstmaler Felix Mayser aus Neckarsulm. Die klassischen Kreuzwegandachten bestehen aus 14 Stationen. In diesen Stationen geht man betend und meditierend den Weg Christi, vom Haus des Pilatus (Verurteilung Jesu zum Tod) bis zur Grablegung Jesu.
Die Figur an der rechten Seitenwand (unter der Empore) stellt Joseph von Nazareth dar, Bräutigam der Gottesmutter Maria, eine für den heiligen Joseph typische Darstellung: Er trägt das Jesuskind auf dem Arm, in der linken Hand einen Stab mir einer Lilienblüte. Jesus hält in der linken Hand die Weltkugel, die mit einem Kreuz gekrönt ist, wiederum ein Hinweis auf das Reich Jesu im Himmel und auf Erden. Die rechte Hand ist zum Segen erhoben. In der Kunst wird der sogenannte lateinische Segen häufig so dargestellt. Die Verehrung des Joseph hat eine lange Tradition. Sie wurde bereits im 9. Jahrhundert durch die Franziskaner gefördert.
Die Statue an der rechten Rückwand zeigt Antonius von Padua im Ordensgewand der Minoriten, einem strengeren Zweig des Franziskanerordens, dem Antonius 1220 mit 25 Jahren beigetreten war. Um Christi willen wollte er in franziskanischer Armut den Menschen dienen. 1227 kehrte Antonius nach Oberitalien zurück, um dort als Bußprediger und an der Universität Bologna zu wirken. Elf Monate nach seinem Tod am 13. Juni 1231 wurde er von Papst Gregor IX heiliggesprochen und 1946 von Papst Pius zum Kirchlehrer ernannt. Diesem Leben entsprechend zeigt ihn die Statue als barfüßigen Prediger und als Kirchenlehrer mit einem Buch. Das Jesuskind auf dem linken Arm bzw. Schoß hält die Weltkugel mit Kreuz in der Hand.
Die Pietà, Darstellung Marias mit dem Leichnam Jesu auf dem Schoß, stammt aus dem Jahr 1933. Sie ist eine Stiftung von Pfarrer Franz Mauch, der von 1931 – 1936 Pfarrer in Affaltrach war.
Das Glasfenster an der linken Rückwand zeigt die Szene Mariä Verkündigung: Der Erzengel Gabriel bringt Maria die Botschaft, dass sie die Mutter Gottes werden soll. Maria kniet mit gefalteten Händen demütig „als Magd des Herrn“ (Lk 1, 38) vor dem Engel. Wie in vielen Darstellungen trägt sie ein blaues Kleid, in der christlichen Farbensymbolik Zeichen der Treue, Wahrheit und der „himmlischen Gnade“. Das hellstrahlende Gelb des Engels ist Zeichen für Licht, Wärme und Leben. Das Rot könnte die Liebe Gottes zu den Menschen anschaulich machen. Das Fenster wurde 1958 von Schülerinnen des Katholischen Gymnasiums in Dorsten/Rheinland gestiftet. 2009 zeigten sich im unteren Bereich des Bildes Risse, Glasteile brachen heraus. Brigitte Bohnacker, Glaskünstlerin aus Löwenstein, renovierte das Bild 2010. Der untere Teil des Fensters blieb weiß.
Die Orgel mit ihrer schönen Holzvertäfelung stammt von 1899 (siehe Kapitel Kirchengebäude). Die Orgelpfeifen sind aus Zink, Kupfer, Zinn-Blei-Mischungen und Holz. Moderne Materialien haben sich bis jetzt als ungeeignet erwiesen. Die Holzverkleidung der Orgel, der Empore und der Decke bilden eine harmonische Einheit. Erst im 15. Jahrhundert wurde die Orgel das Kircheninstrument. Vorläufer gab es bereits im 3. Jahrhundert. In Kleinasien erfunden, wurden sie zunächst in Arenen, Palästen, bei Schlachten und Siegesfeiern gespielt. In Byzanz wurde sie auch beim Zeremoniell für den Kaiser verwendet. Im Mittelalter übernahm die Westkirche die Orgel in den Gottesdienst für den „wahren Kaiser“ Christus.
Über die genaue Entstehung der katholischen Gemeinde gibt es keine Hinweise in Urkunden oder Aufzeichnungen. Bekannt ist, dass Ende des 13. Jahrhunderts sowohl der Johanniterorden in Schwäbisch Hall als auch die Grafen von Löwenstein das Patronatsrecht besaßen, wonach beide Pfarrer für den Ort Affaltrach ernennen durften (1406).
Um 1535 nahmen die Einwohner des Ortes mit der Reformation den neuen, lutherischen Glauben an. Ob es sich dabei um die ganze Gemeinde oder nur den größten Teil der Einwohner handelte, ist nicht belegt. Quellen zufolge wurden noch länger katholische Gottesdienste im Schloss der Johanniter abgehalten. Die Johanniter als Ortsherrschaft blieben katholisch.
In der zweiten Hälfte des 17. Jahrhunderts siedelten die Johanniter immer mehr Katholiken in Affaltrach an. 1654/55 gab es neben den „katholischen Schutzverwandten auch einen katholischen Schultheiß“. 1655 holte der Leiter der Kommende, Komtur Heinrich Moritz von Wolframsdorf, Kapuziner aus Neckarsulm nach Affaltrach. Diese hielten katholische Gottesdienste zunächst in einer Feldkapelle der Kommende ab. Wenig später ließ von Wolframsdorf die Messe in der lutherischen Kirche feiern, nachdem die Messe der Evangelischen beendet war. Es kam zu ersten Auseinandersetzungen: An einem Sonntag verwehrten einige Evangelische den Kapuzinern den Zutritt zur Kirche. Von Wolframsdorf griff persönlich ein und verurteilte die „Unruhestifter“.
Innerhalb von 10 Jahren waren 20 katholische Familien am Ort ansässig. Es wurde auch katholisch geheiratet. 1672 ernannte die Johanniterkommende Johann Jakob Gritzer zum ersten katholischen Pfarrer nach der Reformation.
1690 hielt Pfarrer Volmuth die katholische Messe erstmals vor dem evangelischen Gottesdienst ab. Das führte zu scharfen Protesten, vor allem der Evangelischen aus Eichelberg, die es gewohnt waren, „im Sommer um 7 Uhr und im Winter um 8 Uhr zur Kirche zu gehen“. Die konfessionellen Konflikte erreichten ihren ersten Höhepunkt.
1693 ordnete Komtur Johann Christof Zillhard die Einführung des gregorianischen Kalenders an. Das führte zu weiteren Auseinandersetzungen. Denn es gelang Zillhard nicht, diesen auch für die evangelischen Einwohner durchzusetzen, die an dem julianischen Kalender festhielten. So kam es, dass die Katholiken 10 Tage früher als die Evangelischen Weihnachten, Neujahr und Ostern feierten. Der Streit um die „neue Zeit“ endete erst 1700, als in Württemberg der gregorianische Kalender eingeführt wurde.
Zu einem Eklat kam es am Karfreitag des Jahres 1697: Als der katholische Gottesdienst länger als üblich dauerte, ließen die Protestanten durch den evangelischen Schulmeister die Glocken noch während des Gottesdienstes der Katholiken läuten, worauf der Schultheiß den „Übeltäter durch den Büttel einsperren ließ“ (Karfreitags-Eklat).
Auseinandersetzungen gab es auch um die Innengestaltung des gemeinsam genutzten Gotteshauses, die Einhaltung der Feiertage und die Anlegung von Grabstätten. Die Streitigkeiten gingen so weit, dass der Vogt aus Weinsberg den Einsatz militärischer Kräfte in Erwägung zog. Verhandlungen zwischen dem Hause Württemberg (als Schutzherr der Evangelischen) und dem Johanniterorden (als Schutzherr der Katholiken - inzwischen hatte der Orden den Hauptsitz seiner Kommende von Hall nach Affaltrach verlegt -) konnten dies noch verhindern. Die Gespräche mündeten am 13. Juli 1706 in einen Vertrag, der unter anderem die Abhaltung der Gottesdienste klar regelte. Dieser Vertrag sicherte den religiösen Frieden in Affaltrach zumindest für die nächsten Jahrzehnte.
Neue Streitigkeiten entzündeten sich an der Frage der Grabstätten für die Geistlichen: Während der katholische Pfarrer Heinrich Salzhuber 1728 seine letzte Ruhestätte in der Kirche fand, wurde der evangelische Pfarrer M. Ernst Friedrich Tuefferd 1744 außerhalb des Gotteshauses beigesetzt, sehr zum Unbehagen der Evangelischen. Bis Ende des 18. Jahrhunderts rissen die Klageschriften, Beschwerden, Beschuldigungen, gegenseitige Beleidigungen nicht ab. Proteste seitens der Evangelischen gab es unter anderem wegen zu ausladender Utensilien der Katholiken in der Kirche (Fahnen, Bilder, Blumen usw.). Erst mit der Neuordnung Napoleons 1806/07 kehrte religiöser Frieden in der Gemeinde ein. So galten ab dem 1.Januar 1807 die württembergischen Gesetze, wonach Katholiken und Evangelische als königliche Untertanen mit gleichen Rechten zu betrachten waren.
Für gemeinsame Anliegen und Aufgaben wurde 1808 ein Kirchenkonvent für beide Konfessionen eingerichtet. Dieser fasste Beschlüsse zur gemeinsamen Nutzung der Kirche und sorgte für die Armen der Gemeinde. Angesichts der Armut Mitte des 19. Jahrhunderts hatten religiöse Auseinandersetzungen und Polemiken ohnehin keinen Platz mehr, zumindest vordergründig: Um Menschen vor dem Hungertod zu bewahren, war nicht nur die Zusammenarbeit innerhalb der Konfessionen, sondern auch zwischen kirchlichen und weltlichen Einrichtungen notwendig (z.B. die Einrichtung einer öffentlichen Suppenküche). Trotz dieser Befriedung, die bis in die letzten Jahrzehnte des 19. Jahrhunderts anhielt, gab es für beide Konfessionen immer wieder Anlässe für Spötteleien, Kränkungen, Mahnungen, Beschwerden und Forderungen nach Bestrafung der Übeltäter. Ende 1883 entbrannte zum Beispiel ein Streit um die Pflanzung einer Linde anlässlich des 400. Geburtstags Martin Luthers (siehe Evangelische Johanneskirche – Lutherlinde). Streitpunkte blieben auch die Besoldung der Schulmeister sowie die Finanzierung und Unterhaltskosten sakraler Gegenstände, wie Hostien, Kerzenwachs, „Kirchenwäsch“ oder das Heilige Öl, das zum Osterfest eigens aus Neckarsulm (dort wurde es im Dekanat geweiht) herbeigeschafft werden musste.
Um 1930 lebten in Affaltrach ca. 160 Katholiken, in den umliegenden Gemeinden oft nur einzelne katholische Familien oder Unverheiratete. Die pastorale Arbeit forderte den vollen Einsatz des Pfarrers, denn es gab keine Pfarrsekretärin und ein Auto stand dem Seelsorger nicht zur Verfügung. Um auswärts Religionsunterricht zu halten oder Familien zu besuchen, war er zu Fuß oder mit dem Fahrrad unterwegs.
Anfeindungen und Behinderungen sah sich die katholische Kirche zur Zeit des Nationalsozialismus ausgesetzt. So fühlte sich Pfarrer Franz Mauch (1933-1936) unter „steter Beobachtung“. Er hielt das NS-Menschenbild mit dem christlich-biblischen unvereinbar und versuchte der Erziehung der Jugend im nationalsozialistischen Geist entgegenzuwirken, indem er einen kirchlichen Mädchen- und Jungenkreis gründete und betreute. Kinder und Jugendliche lud er sonntags nach der Andacht ins Pfarrhaus ein. Er hielt sich streng an das Verbot der Kirche, NS-Pamphlete zu verlesen oder zu verbreiten. Seine kirchliche Arbeit wurde immer wieder eingeengt oder behindert. So musste er beispielsweise im Oktober 1935 wegen einer Jugendveranstaltung der Partei „die Rosenkranzandacht vom Nachmittag auf den Abend verlegen“, denn Jugendveranstaltungen der Partei hatten stets Vorrang vor den kirchlichen. Oder er musste, ebenfalls auf „politische Weisung hin“, die Kirchenflagge einziehen. Ein aufsehenerregendes Ereignis gab es während einer Fronleichnamsprozession: Aus einem Fenster im oberen Stock des Rathauses wurde ein Eimer Blut heruntergeschüttet, ein Vorgang, der „das wahre Gesicht Hitlers und seine Einstellung zur Kirche offenbare“, hieß es. Laut seiner Haushälterin lebte Pfarrer Mauch in „ständiger Angst und hatte immer etwas bei sich, um sich notfalls zu wehren.“
Auch Pfarrer Adolf Staudacher (1937-1941) bekam die Herrschaft der Nationalsozialisten im besonderen Maße zu spüren. Schon vor seiner Zeit in Affaltrach hatte er mit seiner Meinung über das NS-Regime nicht hinter dem Berg gehalten, weshalb er in Schutzhaft genommen, zu einer Geldstrafe verurteilt und mit einem Unterrichtsverbot belegt worden war. Auch während seiner Amtszeit in Affaltrach äußerte er mutig sein Missfallen gegenüber der nationalsozialistischen Politik, den Willkürmaßnahmen, den Verboten und Verfolgungen Andersdenkender. Er bekam erneut Unterrichtsverbot, worauf er kurz entschlossen zwei kleine Zimmer im Pfarrhaus als Unterrichtsräume einrichtete, um dort Religionsunterricht zu geben. „Paulus haben sie auch verhaftet und der hat auch nicht geschwiegen“, pflegte Pfarrer Staudacher zu sagen. Die Folgen blieben nicht aus: Am 5. Februar 1942 wurde er von einem Sondergericht in Stuttgart zu sechs Monaten Haft wegen „Kanzelmissbrauchs und Vergehen gegen das Heimtückegesetz“ verurteilt (dieses Gesetz erlaubte es, die harmloseste Kritik als „heimtückisch“ und als Angriff auf Staat und Partei auszulegen und zu verurteilen). Vergeblich versuchten mutige Affaltracher Katholiken in der Gestapo-Zentrale Heilbronn, die Freilassung Staudachers zu erwirken. Kurz nach seiner Verurteilung ließ man ihn glauben, er käme als „freier Mann“ nach Affaltrach zurück. Doch die Fahrt „in der grünen Minna“ führte in das KZ Dachau, wo er vom 29.April 1942 bis 10. April 1945 inhaftiert war. Während dieser Zeit übernahm Vikar Bernhard Geiger die Pfarrei. Auch er hatte immer wieder Ärger mit der Gestapo. Nachdem Pfarrer Staudacher aus Dachau zurückgekehrt war, leitete er das Pfarramt noch zehn Jahre.
Die Zahl der Katholiken stieg nach dem Krieg im Pfarrbezirk von ca. 400 auf 2500, bedingt durch den Zustrom von Flüchtlingen, Evakuierten und Heimatvertriebenen. Zum Bezirk gehörten verschiedene Filialorte mit vielen, oft abgelegenen Höfen und Weilern, darunter Löwenstein, Wüstenrot, Neuhütten, Neulautern, Unterheimbach und Bretzfeld. Da es den Gläubigen nicht zuzumuten war, regelmäßig Messen in Affaltrach zu besuchen, bemühte sich Pfarrer Staudacher in regelmäßigen Abständen an möglichst vielen Orten Gottesdienste zu halten, meist an Werktagen, manchmal auch sonntags. Dazu wurden evangelische Kirchen, Gemeindehäuser, Schulsäle oder auch Wirtschaften genutzt. Neben den Gottesdiensten galt es auch Taufen oder Beerdigungen vorzunehmen. Ministranten nahm Pfarrer Staudacher zunächst auf dem Motorrad, später im Auto oder im Pfarrbus mit. Unterstützung fand er durch den Heimatlosenseelsorger, Pfarrer Kajetan Morbitzer, ab 1949 durch den Hilfs- bzw. Flüchtlingsgeistlichen Pater Gottfried Steiner. Als dieser seinen Dienst antrat, umfasste die Pfarrei 35 Ortschaften und Weiler, von Eberstadt bis Neulautern und von Ellhofen bis Bretzfeld. Pater Steiner war bei Wind und Wetter zu Fuß oder mit dem Fahrrad unterwegs, später mit dem Motorrad des Pfarrers. Nachdem Pater Steiner 1951 die vakante Pfarrstelle in Wimmental übernahm, halfen immer wieder Patres aus Bad Wimpfen aus und hielten Messen in verschiedenen Gemeinden der Pfarrei. Doch noch immer mussten katholische Gläubige vor allem sonntags zum Teil längere Wege zum Gottesdienst nach Affaltrach zurücklegen, wie zum Beispiel von Schwabbach oder Rappach aus. Das machte eigene Kirchenbauten in den Gemeinden notwendig. Als die Stadt Neckarsulm frei gewordenen Wohnbaracken (ehemalige Reichsarbeitsdienst-Baracken) zum Verkauf anbot, erwarb die Pfarrei zwei davon. So erhielten Neuhütten und Lehrensteinsfeld Notkapellen. Finanziert wurden sie zum großen Teil durch Eigenleistungen.
1955 wurden die Filiale Neuhütten mit den Gemeinden Finsterrot, Maienfels und Wüstenrot dem Seelsorgebezirk Mainhardt übertragen, nachdem dort die Zahl der Katholiken rückläufig war. 1959 wurde der Bezirk Bretzfeld kirchlich selbständig und damit Scheppach von der Pfarrei Affaltrach getrennt. Mit dem Amtsantritt von Pfarrer Rudolf Albert Ruf (1969 – 1980) stand die Seelsorge in Affaltrach zunehmend unter dem Geist der Ökumene. Pfarrer Ruf stand in guter und freundschaftlicher Beziehung zu seinem evangelischen Kollegen Pfarrer Künzel. Beide arbeiteten „wirklich miteinander, nie gegeneinander“. Ein jährlicher Predigeraustausch während der Bibelwochen, gemeinsame Gottesdienste und ökumenische Trauungen prägten die zehn Jahre ihrer Zusammenarbeit sowie die Arbeit der nachkommenden Pfarrer. Die seit 1994 bestehende Obersulmer Ökumene, ein gemeinsamer Gottesdienst aller Obersulmer Kirchengemeinden zu Beginn der Sommerferien mit anschließender Begegnung, ist Ausdruck dieser Entwicklung.
1991 erfolgte die Eingliederung der Gemeinde Wüstenrot mit ihren Teilorten, Weilern und Höfen in die Pfarrei Affaltrach (Umpfarrung). Grund dafür war neben dem Priestermangel der Beschluss des Diözesanrats, die Dekanatsgrenzen mit den Kreisgrenzen identisch zu halten. Die seelsorgerische Betreuung der so entstandenen Großgemeinde oblag Pfarrer Hermann Rupp, der die Pfarrei seit dem 23.September 1990 übernommen hatte. Von August 1992 – 1994 wurde er dabei von Vikar Gunnar Sohl unterstützt. Nach dessen Weggang übernahmen diese Aufgabe die Pastoralreferent/innen Bärbel und Joachim Bloching.
Die Katholikenzahl in der Gemeinde wuchs weiter. Im März 1996 gründete sich ein Kolping-Familienkreis als offenes Angebot für junge Familien. Das 1955/56 errichtete Jugendheim bot für viele Veranstaltungen nicht mehr genügend Platz. So entschieden sich Kirchengemeinderat und Pfarrer Rupp nach eingehenden Beratungen für den Bau eines Gemeindezentrums in der Langfeldstraße 5. Die Pläne für den Bau entwarfen das Architektenteam Auch/Binder aus Weinstadt-Endersbach. Von den 1,7 Millionen DM Baukosten musste die Gemeinde 200 000 DM selbst aufbringen. Nach einjähriger Bauzeit konnte das Zentrum am 01.März 1997 feierlich eingeweiht werden. 1998 wurde dort auch ein Jugendkeller eingerichtet. Damit konnte sich auch die offene Jugendarbeit mit zahlreichen Angeboten entwickeln.