Sehenswertes in Affaltrach

Altes Rathaus Affaltrach

Am Ordensschloss 2, Obersulm-Affaltrach

Das weitgehend aus behauenem Sandstein erstellte Bauwerk stammt aus dem Jahr 1841. Ein Vorgängerbau mit ähnlicher Nutzung stand nach dem Lagerbuch von 1682 an der selben markanten Stelle in der früheren Ortsmitte des mittelalterlichen Dorfes. Das jetzige Gebäude diente im Erdgeschoss zuerst als Ortskelter. Die Kelterräume wurden später für die Zwecke der Feuerwehr umgebaut und bis 1974 auch dafür genutzt. Im Obergeschoss befanden sich bis zur Gemeindereform im Jahr 1972 die Rathausräume.

Das alte Keltergebäude mit Ratsstube bis 1841

Der Vorgängerbau

Der Weinbau spielte schon unter der Johanniterherrschaft in Affaltrach eine wichtige wirtschaftliche Rolle. So stand der Ortsherrschaft zusammen mit den Herren von Weiler der "Große Weinzehnte" am Ort zu. Daneben besaßen die Johanniter auch eigene Weinberge. Die zehntpflichtigen Weingärtner mussten ihre Trauben in der herrschaftlichen Kelter anliefern und durften sie nur dort abpressen. Nach dem Lagerbuch von 1682 lag die größere der beiden Affaltracher Keltern mit drei "Bieten" (Kelterbäumen) "mitten im Dorf am Eck bei der Kirche" und hatte oben einen Fruchtboden und in der Mitte die Ratsstube. Diese wurde nach dem Lagerbuch "gemeinlich das Rathauß" genannt, "wobei sich bei Vorfallenheiten und wenn sie vom Amte zusammengerufen werden, Gericht und Rath nebst der Gemeinde in der großen geräumigen Stube versammelt". An einer Ecke des Gebäudes befand sich für die "Malefikanten" ein mit einer Kette in einen Stein gegossener eiserner Halsring, der als Pranger gebraucht wurde.

Mit dem Tagesbefehl Kaiser Napoleons I. vom 19. Dezember 1805 endete nach rund 400 Jahren die Johanniterherrschaft über Affaltrach. Ihr Besitz wurde dem nachmaligen Königreich Württemberg einverleibt. Das Keltergebäude unterstand nun dem königlichen Kameralamt in Weinsberg.

Das neue Gebäude und seine Nutzung ab 1841

Nach dem Ende der Johanniterherrschaft über Affaltrach verwaltete nun das königliche Kameralamt in Weinsberg die jährlichen "Gefälle", also die Abgaben der Bürgerschaft. Auch der "Weinzehnte" wurde bis 1848, bis zur gesetzlichen Aufhebung aller aus der seitherigen Feudalherrschaft herrührenden bäuerlichen Lasten, vom Kameralamt beansprucht. Die bisherige "Innere Kelter" wurde wegen großer Baumängel abgerissen und an der gleichen Stelle wurde ein neues Keltergebäude erstellt. Die Oberamtsbeschreibung von 1861 sagt dazu: "Die schräg gegenüber der Kirche im Jahr 1841 aus Stein bis unter Dach vom Staate gebaute Ortskelter mit zwei Bäumen und einer Mostpresse, welche die Gemeinde später bei der Zehntablösung käuflich übernommen hat, enthält im ersten Stock ein großes, helles, geräumiges Ratszimmer und Registraturzimmer. Das Ortsgefängnis ist unten in der Kelter."

Rathaus

Die früheren Rathausräume im ersten Stockwerk waren nur über eine Außentreppe erreichbar, die später beim privaten Umbau des Gebäudes abgebrochen wurde. Das Rathaus von Affaltrach hatte dort seinen Sitz bis zur Gemeindereform im Mai 1972. Anschließend  war es Hauptverwaltungssitz der neuen Gemeinde Obersulm bis zum Bezug des heutigen Rathauses im Jahr 1976.

Kelter und Weinbau

Im Erdgeschoss des 1841 durch das Königliche Kameralamt erstellte Gebäude wurde eine neue Kelter eingerichtet. Sie erhielt zwei sog. "Torkelpressen" und eine Mostpresse. Außer dem Herbstgeschäft konnten die Weingärtner dort gegen ein "Standgeld" das Jahr über ihre Bütten aufbewahren. Ende der 20-er Jahre gründete sich die Weingärtnergenossenschaft Affaltrach. Sie fusionierte 1964 mit der Weingärtnergenossenschaft Willsbach zur WG Willsbach-Affaltrach. Die Weingärtner konnten noch bis Ende der 60-er Jahre in Affaltrach ihre Trauben abliefern, dann wurde der gesamte Kelterbetrieb nach Willsbach verlegt. Der frühere Genossenschaftkeller befand sich in einem schräg gegenüberliegenden Gebäude in der Eichelberger Straße.

Der Weinbau dürfte bereits mit den Römern in unserer Gegend Fuß gefasst haben.

Urkundlich erwähnt wird der Weinbau

1257 für Willsbach

1262 für Affaltrach

1271 für Eschenau

1274 für Eichelberg und Weiler

1345 für Sülzbach

Der Wein war ein sehr begehrtes Handelsgut. So vergrößerte sich die Weinbaufläche im Laufe der Jahrhunderte wesentlich. Während des Dreißigjährigen Kriegs verödeten viele Flächen und danach erholte sich der Weinbau nur langsam. Bis ins 20. Jahrhundert gab es ein stetiges auf und ab der Rebflächen.

Nach der Oberamtsbeschreibung von 1861 befanden sich damals 440 ha Weinberge auf der Fläche der heutigen Gemarkung Obersulm; nach der Weinbaustatistik 2021 sind es heute noch 376 ha. Davon entfielen um 1861 auf Affaltrach 66 ha; heute sind es 35 ha.

Ortsgefängnis

Im Alten Rathaus befand sich in der Südwestecke des Erdgeschosses neben den Kelterräumen das "Aloisle" genannte Ortsgefängnis. Zuvor gab es "an der untern Ecke (nordwestliche Ecke) des Kirchhofs ein Thurm mit dreifachem Kerker und Gefängnis".

Feuerwehr

Nachdem die Kelter nicht mehr für ihre eigentlichen Zwecke benötigt wurde, baute die damalige Gemeinde Affaltrach die Räume für ein Feuerwehrgerätehaus mit einer Garage um. Das erste Affaltracher motorisierte Löschfahrzeug (LF 8) war dort untergebracht, bis im Jahr 1974 ein neues Feuerwehrgerätehaus (Post-und Feuerwehrgebäude) an der Poststraße bezogen werden konnte.

Privatbesitz

Ende der 80er Jahre vekaufte die Gemeinde Obersulm das Gebäude. Es wechselte mehrfach die Besitzer. Nach einer zeitweisen Nutzung als Buchhandlung wird nun das Erdgeschoss gastronomisch genutzt. Zur Zeit befindet sich dort das Restaurant "Altes Rathaus".

Schultheißen-Geschichten aus alter Zeit

Immer wieder kam es zwischen den Schultheißen von Affaltrach, seit 1406 unter Johanniterherrschaft, und den Schultheißen von Willsbach, seit 1504 württembergisch, zu Streit. Rechtlich gesehen war man ja füreinander Ausland. Besonders die Jagd und die Jagdgrenzen erregten die Gemüter und "Unnachbarschaft" wurde beklagt.

1586: Der Komtur Philipp Riedesel von Camburg beklagte sich, weil ein württembergischer Forstmeister den Affaltracher Schultheißen Valentin Wülffing gefangen genommen und nach Weinsberg oder Löwenstein habe führen lassen, weil dieser zuweilen auf Affaltracher Markung gejagt habe, ein Recht, das der Johanniterorden schon seit unvordenklichen Zeiten besessen habe.

1591: Neue "muttwillige und frevenliche gewalthtatten" durch Württemberg beklagt Komtur Gottfried von Heppenheim. Als er am Salzberg nach Füchsen und Hasen jagen wollte, sei der württembergische Schultheiß von Willsbach, Cristoph Höfflich, mit "etlichen villen seines Ampts Angehörigen gantz frevenlich aigens gewalt"  in Affaltracher Markung eingedrungen und sie hätten Hasengarne, einen Hund und Federhaspeln mit Gewalt abgenommen. Ferner habe Hans Precht aus Willsbach mutwillig auf einen Affaltracher geschossen, den er unschuldig getötet hätte, wäre dieser nicht in einen Graben geflüchtet.  Die Willsbacher sahen dies ganz anders und behaupteten, erst beim Heimgehen "aus Kurzweil" geschossen zu haben. Der Jagdstreit wurde am kaiserlichen Kammergereicht in Speyer verhandelt und zu Gunsten der Johanniter entschieden.

1596 (Kirchweihfest in Affaltrach): Der Affaltracher und der Willsbacher Schultheiß gerieten beim "Wein und der Kürbin" erneut über die Jagd in Streit, wobei der Willsbacher Schultheiß "mit Gewalt in den Turm geschleift"  und über Nacht darin gehalten wurde, worauf der württembergische "Keller" (Vogtei) zu Weinsberg seinem Herzog über diesen großen Frevel berichtete. 

1620: Auch in diesem Jahr wurde eine "große Unnachbarschaft"  beklagt, als der Willsbacher Schultheiß Michel Vogel sechs Affaltracher Bürgern, die am Meisenberg nach Hasen jagten, ihre Hasengarne wegnahm. Es wurden Schlägereien befürchtet, wenn künftig Einwohner aus beiden Gemeinden zusammenstießen.


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